Der Tessiner Regierungspräsident Norman Gobbi spricht sich dafür aus, die Gespräche mit Rom im Steuerbereich abzubrechen. Derweil verzögert Italien den Abschluss des Grenzgängerabkommens, weil das Tessin Strafregisterauszüge von Grenzgängern verlangt.
Für die Tessiner Finanzdienstleister wäre der volle Zugang zum italienischen Markt wertvoll, erklärte Gobbi im Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Donnerstag. Darüber werde in den Verhandlungen mit Italien jedoch gar nicht gesprochen.
«Ohne diesen Marktzugang sind diese Verhandlungen überflüssig, zumal das Grenzgängerabkommen nicht dem entspricht, was die Tessiner Regierung erwartet hat.» Deshalb soll der Bund seiner Meinung nach die bilateralen Verhandlungen mit Italien im Steuerbereich auf Eis legen.
Verhandlungen verzögert
Das Grenzgängerabkommen war Ende August Thema einer Zusammenkunft zwischen der Tessiner Regierung und Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Das Abkommen soll es für italienische Grenzgänger weniger attraktiv machen, im Tessin zu arbeiten.
Die Verhandlungen dazu hätten ursprünglich Ende September abgeschlossen werden sollen, wie Mario Tuor, Sprecher des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF), am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte.
Italien habe den Abschluss aber aufgeschoben, nachdem das Tessin angekündigt hatte, Strafregisterauszüge von den Grenzgängern zu verlangen. Dies verstösst nach Ansicht Roms und auch der Schweizer Behörden gegen das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU.
Das Tessin will die Massnahme im Oktober prüfen. Diese Prüfung wolle Italien abwarten, bis das Grenzgängerabkommen abgeschlossen werde, sagte Tuor. Wenn das Tessin seine Massnahme aufrechterhalte, könne der Abschluss schwierig werden.
Gobbi verteidigte im Interview mit der «NZZ» das Vorlegen eines Strafregisterauszugs. Die kantonalen Behörden nützten jede Gelegenheit, die Schraube anzuziehen, sagte Gobbi.
Die Kritik daran könne er nachvollziehen. «Aber das Problem ist, dass der Bundesrat alle guten Karten gespielt hat.» Jetzt halte die Delegation nichts mehr in der Hand.