Sie heissen ASTAZ, STIB, Lepontia oder STOICA. Hinter diesen Abkürzungen verstecken sich nicht etwa Tarifverbünde, sondern die Namen von Tessiner Studentenvereinigungen in der Deutschschweiz und der Romandie.
Erst seit 1996 besitzt das Tessin mit der Università della Svizzera Italiana (USI) eine staatliche Universität. Zuvor mussten alle Menschen mit Studienabsichten zwangsläufig den Südkanton verlassen. Auch heute noch zieht es viele Tessiner Jugendliche nördlich des Gotthards oder in die Westschweiz, weil in ihrer Heimat nicht alle Studienfächer angeboten werden oder sie neue Landessprachen lernen wollen.
Getrennt durch die Alpen, haben die Tessiner Studierenden Vereinigungen gegründet, in denen sie zumindest ein Stück ihrer alten Heimat weiter pflegen können. Mittlerweile gibt es sogar eine Dachorganisation, die auf den sonnigen Namen LIDO hört. In ihr vernetzen sich Tessiner Studierende in der Romandie und der Deutschschweiz.
Die ASTAZ (Associazione Studenti Ticinesi A Zurigo) zählt rund 400 Mitglieder. Für viele Erstsemestrige aus dem Südkanton sei die ASTAZ eine wichtige Anlaufstelle bei der Wohnungssuche und bei Fragen zum Studienablauf, sagt Valérie Heimann. Sie war als Vize-Präsidentin anderthalb Jahre für die Vereinigung in Zürich aktiv.
Neben dieser «Stütze» zum Anfang des Studiums bietet die ASTAZ auch einen bunten Strauss von Aktivitäten an, die nicht zwangsläufig typisch tessinerisch sind: vom Ski-Wochenende über das «Laser-Game» bis zum gemeinsamen Eislaufen.
Partys und Parteipolitik
Ein wenig anders sieht das jedoch bei den Debatten und kulturellen Veranstaltungen aus. Die ASTAZ hatte bereits den Tessiner UBS-Chef Sergio Ermotti zu Gast und diskutierte an anderer Stelle über den Bau einer zweiten Strassenröhre am Gotthard.
Dafür gibt es laut Valérie Heimann mittlerweile sogar Partnerschaften mit Tessiner Medien, die bei der Suche nach Gästen helfen. Der Tessiner Autor und UZH-Absolvent Gianluca Grossi sprach im Herbst beispielsweise über seine Aufzeichnungen entlang der Balkan-Route, die er im Buch «Infiniti passi» verarbeitete. Im März dieses Jahres wird dann über Cannabis diskutiert.
Damit zum berauschenden Teil der ASTAZ: Viel Aufmerksamkeit in der Zürcher Studentenszene erlangt die Vereinigung auch durch ihre Partys. Der Titel «Cheap Alcol Party» im Mai lässt keine Zweifel am Sinn und Zweck dieser Veranstaltung.
Mehr als hundertjährige Tradition
Die Lepontia aus Fribourg gibt es laut eigenen Angaben bereits seit 1915. Jedes Semester bietet sie eine Vielzahl von Aktivitäten an – dazu gehören Partys, vor allem für die Erstsemester. Aber auch Konferenzen wie beispielsweise zur Tessiner Migration werden von den Lepontia-Leuten organisiert.
Die STIB in Bern dagegen hat 150 Studierende in ihren Reihen. Zu Beginn jedes Semesters organisiert die Vereinigung einen grossen Apéro. Ein gemeinsamer Besuch des Bundeshauses und ein Weihnachtsessen gehören ebenfalls zum Programm.
Die Bindung zu ihren Mitgliedern scheint auch über deren Studienzeit hinaus zu halten. Häufig seien es ehemalige Studierende, welche später den Kontakt suchten und auf Veranstaltungen hinwiesen, so STIB-Mitglied Lia Beretta.
In Lausanne ist die Stoica angesiedelt. Ihre Abkürzung steht für Studenti Ticinesi Organizzati in Clima Amichevole, zu deutsch «Tessiner Studierende organisiert in freundlicher Atmosphäre». Seit den 1990er Jahren treffen sich in dieser Vereinigung Studierende der Universität Lausanne und der ETH Lausanne. Ihr ehemaliger Präsident, Nicola Pini, sitzt heute für die FDP im Tessiner Grossen Rat.