Wenn Sie wissen wollen, wie Sie fühlen, können Sie das googeln. Wenn Sie einen neuen Job brauchen, können Sie das auch googeln. Wenn sie Google googeln, finden sie sogar einen bei Google.
Was tun, wenn Sie wissen wollen, welches Ihre grössten Sorgen sind? Googeln Sie es. Der unverkennbare soziale Abstieg aus der Klasse der Aufsteiger ist in der Mittelklasse weltweit eines der grössten Kümmernisse. Lässt sich mit einem Film darüber Geld verdienen? Wer das wissen will, muss Google fragen, die grösste Wissensbank der Welt.
Sie sagt, Kinogänger sind Besserverdiener. Es gehen also mehrheitlich genau diejenigen ins Kino, die die Angst vor dem Abstieg piesackt. Welches ist nun die grösste Hoffnung jener Leute? Gegoogelt: Dass sie nicht trifft, was in Spanien bereits 29 Prozent, in Deutschland 19 Prozent (Hartz-IV-Empfänger mitgerechnet) und in der Schweiz 15 Prozent an den Rand der Armut getrieben hat? Nein. Die Mehrheit hofft auf stabile Beziehungen. Lässt sich mit einem Film darüber Geld verdienen? Google sagt: Ja.
Am besten, Sie zeigen in Ihrem Film, wie Mittelklässler einen Job finden und eine gute Beziehung. Sie brauchen dazu bloss eine Firma zu finden, die arbeitslose Mittvierziger anstellt, die nicht viel mehr können als googeln. Und Partnerinnen, die das toll finden. Googeln wir?
Auf Arbeitssuche bei Google
Genau das tut der Arbeitslose Billy McMahon in «The Internship». Zusammen mit seinem Kumpel begibt er sich auf Jobsuche. Die beiden Analog-Nerds landen dabei ausgerechnet in der Hochburg der Programmierer und Vernetzungskünstler: Bei Google, der Wissensbank für die, die alles besser wissen wollen als andere Besserwisser. Dort kämpfen sie mit ein paar Hundertschaften von Stellenanwärtern um zwei, drei Jobs als Wissensstapler. Da wird eigentlich mit harten Bandagen gekämpft – und hier könnte «The Internship» seine Kritik ansetzen. Das tut der Film aber nicht.
Google ist mehr als die halbe Welt
Stattdessen wird geschönt, was das Zeug hält: Das Google-Arbeitsvermittlungszentrum sieht aus wie die Kuschelecke bei Ikea und erinnert stark an andere Sekten. In der Google-Jobwelt scheint obendrein alles gratis zu sein.
Kostenlos erhält Google auch alle Ideen der Bewerber. Jeder darf seine Ideen schon einmal als Bewerbung ins Rennen werfen. Google, das reine, farbenfrohe Jobwunder, wird im vom Film aber nicht als Ideenstaubsauger entlarvt.
Doch die Welt ist weit mehr als Google. Sieht man die Welt etwa wie «The Internship», verfügt selbst der arbeitsloseste Zeitgenosse draussen in der Welt noch über genügend finanzielle Mittel, um sich in einer Striptease-Bar eine Nacht lang tierisch viele Drinks hinter die Binde giessen – und sich noch ein paar Extra-Runden leisten zu können. Da kann sich das Prekariat mal eine Scheibe von abschneiden: Wer dieses grosse Arbeitslos gezogen hat, kann es – zumindest in dieser Scheinwelt – krachen lassen.
Wer mit Owen Wilson und Vince Vaughn auf Jobsuche gehen will, der kann sich neunzig Minuten lang mit mässig geistvollen Witzen volllabern lassen und dabei lernen, wie man nachdenkt, was andere vordenken. Endlich wissen wir, wie man ohne denken auch wissen kann – sprich: googelt. Die Wissenschaft erkennt in diesem kognitiven Stil Anzeichen von Robotismus.
Immerhin macht der Film eines klar: In der denkfreien Zone herrscht das, was in Sekten obligatorisch ist: Der Glaube an die Corporate-Identity. Sie wird wie eine Hirnwäsche gepredigt. Über die Inhalte können wir anhand dieses Films bereits nicht mehr nachdenken. Dazu wissen wir viel zu wenig. Das müssen wir erst mal googeln.