Der krisengeschüttelte deutsche Stahlkonzern ThyssenKrupp hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 2011/12 einen Verlust von fünf Mrd. Euro eingefahren. Der Fehlbetrag fiel damit noch um 3,2 Mrd. Euro höher aus als im Vorjahr.
Im verlustreichen amerikanischen Stahlgeschäft habe der Konzern Abschreibungen von 3,6 Mrd. Euro vorgenommen, teilte das Unternehmen nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mit.
„Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren“
Als Konsequenz aus dem Amerika-Debakel und mehreren Korruptions- und Kartellskandalen trennte sich der Konzern von den drei Vorständen Olaf Berlien, Edwin Eichler und Jürgen Claassen und damit von der Hälfte seines Vorstandes. Der Aufsichtsrat habe einen entsprechenden Vorschlag des Personalausschusses angenommen.
Konzernchef Heinrich Hiesinger wies auf einen „immensen finanziellen Schaden“ hin, der durch das fehlgeschlagene Stahlwerks-Projekt in Übersee und durch unsaubere Geschäfte dem Konzern entstanden sei. „Wir haben dadurch auch an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren.“
Der Aufsichtsrat habe mit den Veränderungen im Vorstand auch ein klares Zeichen für den Neuanfang gesetzt. Eine neue Führungskultur in dem Unternehmen solle auf Ehrlichkeit, Transparenz und Leistungsorientierung basieren. Hiesinger will sich am Dienstagmorgen an einer Pressekonferenz dazu und zum Geschäftsverlauf äussern.
Umsatz geht zurück
Das Traditionsunternehmen steckt in der schwersten Krise seit der Fusion von Thyssen und Krupp im Jahr 1999. Die Kosten für die neuen Stahlwerke in Übersee waren auf 12 Mrd. Euro in die Höhe geschossen – der Börsenwert des gesamten Konzerns liegt inzwischen nur noch bei 8,3 Mrd. Euro.
Der Umsatz der fortgeführten Aktivitäten von ThyssenKrupp – ohne die verkaufte Edelstahlsparte Inoxum und ohne das zum Verkauf gestellte amerikanische Stahlgeschäft – lag mit 40,1 Mrd. Euro um rund sechs Prozent unter dem Vorjahreswert. Auch Rekorderlöse im Industriegütergeschäft konnten die Einbussen im traditionellen Stahlgeschäft nicht wettmachen.
Keine Dividende
Angesichts der hohen Verluste wird der Konzern für das abgelaufene Geschäftsjahr keine Dividende ausschütten. Diese Entscheidung gilt als Überraschung. Der Konzern sah sich bislang einer Kontinuität bei seiner Dividendenpolitik verpflichtet.
Vor allem der grösste Aktionär, die Krupp-Stiftung, drängte auch in schlechten Zeiten immer auf einer Ausschüttung. Mit dem Geld finanziert sie ihre wohltätigen Förderprojekte. Im laufenden Geschäftsjahr will der Konzern einen bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von rund einer Mrd. Euro erzielen.