To the Wonder

Terrence Malick verstört und betört. Viele haben ihm die esoterischen Luftblasen im grossartigen «The Tree of Life» nicht verziehen. Filmisch bleibt er auch in «To the Wonder» ein Grenzgänger. Er stellt den Glauben an das Wunder der Liebe dem Glauben an Gott gegenüber. Zusammen mit seinem Kameramann Emmanuel Lubezki, der demnächst auch «Gravity» bebildern wird, […]

Terrence Malick verstört und betört. Viele haben ihm die esoterischen Luftblasen im grossartigen «The Tree of Life» nicht verziehen. Filmisch bleibt er auch in «To the Wonder» ein Grenzgänger. Er stellt den Glauben an das Wunder der Liebe dem Glauben an Gott gegenüber.

Zusammen mit seinem Kameramann Emmanuel Lubezki, der demnächst auch «Gravity» bebildern wird, schickt uns Terrence Malick in «To the Wonder» auf eine chaotische Reise der Gefühle: Er stellt den Glauben an das Wunder der Liebe über den Glauben an Gott.

Immer wieder fährt die Kamera am Liebespaar vorbei, streift dabei die beiden Liebenden mehr, als dass sie sie uns zeigen will. Er gibt uns keine Dialoge, sondern drei Monologe, drei innere Zwiegespräche mit der Liebe, und ihrem Wunder. Die kommende Flut nähert sich dem Paar mit der Musik von Berlioz bis es auf dem Mont St-Michel im Winter angekommen ist. Jump-Cuts und  Achsensprünge zerstören die Orientierung in den Bildern einer Erinnerung. Erst nach gefühlten 10 Minuten erhalten wir eine erste Grossaufnahme von Ben Affleck. Zurück in der Heimat in Oklahama stimmt etwas mit der Ölförderung nicht. Aber auch die Liebe hängt schief.

Terrence Malick scheint alles vermeiden zu wollen, was einen Liebesfilm ausmacht, verstösst gegen Schnittkonventionen, stösst die Schauspieler in die Randgebiete der Bilder, wo sie nur im Anschnitt, oder im Rückprofil oder dann eben nur kurz total erscheinen – als wolle er jede Identifikation mit den Figuren vermeiden und uns ganz unseren eigenen Projektionen überlassen.

Erst spät taucht das Dritte im Ehe-Bund auf: Der Pfarrer  – der Geliebten? Nicht zufällig besetzt Malick ausgerechnet den Meister-Bösewicht Javier Bardem mit der Rolle, das Wunder der Liebe als Gottes Gabe zu verwalten.

Zärtlich, heissblütig, verspielt, verwirrt und nur ganz selten im Schmerz zeigt er seine Liebenden, ohne uns mehr Identifikation zu erlauben, als wir uns selber nehmen wollen. Das eben ist das einnehmende an diesem Film, dass er nicht einnehmen will. Die Liebe will, wie dieser Film, sich uns nicht aufzwingen. Die Liebe kommt unwiderstehlich wie die Flut. Ebenso leise verabschiedet sie sich, unmerklich wie die Ebbe.

 

 

Der Film läuft zur Zeit sowohl im Kult-Kino Camera

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