«Transcendence»: ein Fest für Festplattenjunkies

Endlich ist er da. Der Superrechner, der uns «Hal» aus «2001- Odysse im Weltraum» vergessen lässt. Ausgerechnet Johnny Depps (als Will Caster) Hirn soll den entscheidenden Download beitragen. SciFi-Thrill und Science-Chill in einem. Mit «Cogito ergo sum» legte Descartes nach radikalen Zweifeln an der eigenen Erkenntnisfähigkeit ein nicht weiter kritisierbares Fundament des menschlichen Bewusstseins fest: […]

Johnny Depp ganz smart: als Dr. Will Caster.

Endlich ist er da. Der Superrechner, der uns «Hal» aus «2001- Odysse im Weltraum» vergessen lässt. Ausgerechnet Johnny Depps (als Will Caster) Hirn soll den entscheidenden Download beitragen. SciFi-Thrill und Science-Chill in einem.

Mit «Cogito ergo sum» legte Descartes nach radikalen Zweifeln an der eigenen Erkenntnisfähigkeit ein nicht weiter kritisierbares Fundament des menschlichen Bewusstseins fest: «Da es ja immer noch ich bin, der zweifelt, kann ich an diesem Ich, selbst wenn es träumt oder phantasiert, selber nicht mehr zweifeln.»

Dr. Will Caster (Johnny Depp) kennt diese Zweifel des Bewusstseins nicht. Er ist in der Entwicklung zum Bau des selbstbewussten Computers vor dem Durchbruch. Das heisst: Bald wird es ihm möglich sein, eine Maschine zu bauen, die nachdenkt, über sich, über Gott und die Welt. Dann wird es heissen: «Cogitat, ergo est». Damit begibt sich Will aber auch an die Grenzen des menschlichen Bewusstseins jenseits des Zweifels.

Hal aus «2001» lässt grüssen

«Wollen Sie Gott spielen?», mit dieser Frage konfrontiert eine Studentin den Forscher Will Caster, als er über sein Projekt, das menschliche Bewusstsein vollumfänglich elektronisch zu erfassen, referiert: Er will maschinelles «Selbst»-Bewusstsein erzeugen: Einen Superrechner, der sich seiner selbst bewusst sein wird. Johnny Depp, der diesen Will Caster spielt, antwortet auf die Frage nach Gott lakonisch: Haben das die Menschen nicht schon immer getan?

Will kann bereits einzelnen Wörtern Areale im Hirn zuordnen. Will kann die menschliche Wahrnehmung mit der Maschine vernetzen. Will kann selbst, was nicht vom Willen gesteuert ist, simulieren lassen. Will ist nicht mehr weit davon entfernt, das menschliche Bewusstsein von seinem Rechner imitieren zu lassen. Will ist nicht mehr weit davon entfernt, Gott spielen zu können.

Der grosse Download Mensch

Klar, dass nach Gottes Auferstehung (Bibel) und Tod (Nietzsche) die Frage, ob das möglich sei, erlaubt sein muss: Will gerät mit seinem Unterfangen aber ins Kreuzfeuer von Militanten und damit in einen Kreuzweg: Sein Leben ist nicht mehr zu retten. Nur wenn es ihm gelingt, sein Bewusstsein hochzuladen, besteht Hoffnung auf seine spirituelle Wiedergeburt.

Caster ist es bereits gelungen, die gesamte Rechenleistung eines Affenhirnes als lebendigen Bewusstseins-Rechner herunterzuladen. Warum sollte also mit seinem eigenen Hirn nicht dasselbe möglich sein. Als er die Todesnachricht erhält, trifft er eine letzte Entscheidung: Er wird die gesamte Datenmenge seines neuronalen Systems uploaden und in die Rechenmaschine einfügen.

Die Maschine erweist sich als Superrechner

Was anfangs gelingt, erweist sich bald als äusserst komplex: Caster, respektive sein Bewusstsein, muss sich ins World Wide Web einloggen um die Rechenleistung der Welt-Computer in Anspruch nehmen zu können. Auch die Lebenspartnerin Evelyn Caster (Rebecca Hall) ist in jeden Schritt ihres Mannes involviert.

Sie trägt auch die Spannung des Films, begründet mit ihren Entscheidungen jede weitere Entwicklung des Dramas. Aus der Liebesgeschichte gewinnt der Film auch seinen Tiefsinn, den die SciFi-Geschichte nicht immer beizutragen vermag: Evelyn und Will geraten als Paar in eine unheilige Allianz mit der künstlichen Intelligenz. Was Will als Mensch ihr noch vorlebte, kann er als Maschine nicht weiterführen.

Interessant dabei ist, dass es ihm nicht nur gelingt, sein Bewusstsein am Leben zu erhalten, sondern auch sich selber zu spielen. Seine Rechenmaschine stellt einen perfekten Klon seiner selbst her. Am Ende spielt der Geist von Will Caster 1 den perfekten Will Caster 2. Der Klon ist ganz er selbst – fast. Kann die unberechenbare Liebe über den Rechner triumphieren: «Coito ergo sum»?

Bewusstseinserweiternder Thriller

«Transcendence» ist ein grandios fotografierter SciFi-Thriller. «Transcendence» gelingt es aber auch, den Wissensstand um neuronale Netzwerke und künstliche Intelligenz um jenen Schritt weiterzudenken, der uns heute noch unfassbar scheint. Wird es dereinst der wissenschaftlichen Forschung möglich sein, nicht nur allgemeine Aussagen über die Vorgänge im Hirn zu machen, sondern auch inhaltliche? Das Hirn als fühlende und wachsende und selbstreflektierend vernetzte Maschine nachzubauen? Das macht «Transcendence» zu einem Film für Erkenntnistheoretiker wie Spannungs-Junkies. Ohne Zweifel.

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Der Film läuft in den Pathé-Kinos.

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