Der Gewerkschaftsdachverband Travail.Suisse sieht seine Lohnforderungen fürs kommende Jahr mehrheitlich erfüllt. Dies ist aber weniger auf den Verlauf der Verhandlungen der Sozialpartner zurückzuführen, sondern auf das sinkende Preisniveau.
Weil die Preise in der Schweiz 2012 um 0,7 Prozent gesunken sind, hat sich die Kaufkraft aller Löhne entsprechend erhöht – auch in jenen Branchen, in denen 2013 nominal keine höheren Saläre ausbezahlt werden. Im Sommer hatte Travail.Suisse Lohnerhöhungen von 1,0 bis 2,5 Prozent gefordert.
Steigen würden die Löhne unter Einbezug der Reallohnerhöhungen nun um 0,7 bis 2 Prozent, teilte der Dachverband am Montag mit. Zu den Mitgliedern von Travail.Suisse gehören unter anderen die Gewerkschaften Syna und Transfair sowie die Hotel & Gastro Union.
Vergangene Woche hat bereits der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) Bilanz über die diesjährige Lohnrunde gezogen, sich dabei aber deutlich unzufriedener als Travail.Suisse gezeigt. Der SGB sieht nicht nur seine Lohnforderungen nicht erfüllt, er zeigt sich auch besorgt darüber, dass es in einigen Branchen zu gar keiner sozialpartnerschaftlichen Einigung kam.
Allerdings ist auch Travail.Suisse nicht nur glücklich über den Verlauf der Lohnrunde. Als enttäuschend wird etwa das Verhandlungsergebnis in Bezug auf die Löhne von Frauen und die Mindestlöhne bezeichnet. Beide Themen hatte der Gewerkschaftsdachverband zu Schwerpunkten erklärt.
Syna begrüsst Bersets Ankündigung
„Gerade weil es dieses Jahr keinen Teuerungsdruck gab, hatten wir gehofft, dass umso mehr spezielle Massnahmen zur Erhöhung von Frauenlöhnen und Mindestlöhnen ergriffen werden könnten“, sagte Syna-Vizepräsident Arno Kerst an einer Medienkonferenz. Für die Arbeitgeber seien Schritte hin zur Lohngleichheit aber dennoch kein Thema gewesen.
Kerst hielt fest, dass seine Gewerkschaft weiter vehement gegen die Lohndiskriminierung von Frauen kämpfen werde. Man begrüsse deshalb, dass Bundesrat Alain Berset staatliche Kontrollen und Sanktionen zur Umsetzung des Gleichstellungsartikels bei den Löhnen nicht mehr ausschliesse. Zumal sich die meisten Arbeitgeber ja auch weigerten, sich des Themas freiwillig im Rahmen des Lohngleichheitsdialogs anzunehmen.
Ganz ohne Echo blieben die Bemühungen um Aufbesserungen von zu tiefen Frauenlöhnen dennoch nicht. Kerst strich an einer Medienkonferenz in Bern Coop als gutes Beispiel hervor. Aus den Lohnverhandlungen mit dem Grossverteiler resultierte eine Erhöhung der Lohnsumme um insgesamt 1,1 Prozent.
Für individuelle Lohnerhöhungen werden 0,4 Prozent der Lohnsumme eingesetzt, wobei speziell auf die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern geachtet werden soll.