Für den Arbeitnehmer-Dachverband Travail.Suisse ist ein Vaterschaftsurlaub, der diesen Namen in seinen Augen verdient, in der Schweiz immer noch eine Ausnahme. Aus seiner Sicht ist es deshalb höchste Zeit für einen gesetzlich geregelten Vaterschaftsurlaub.
Heute bekomme ein frisch gebackener Vater in der Schweiz vom Gesetz gleich viel bezahlte freie Zeit wie bei einem Wohnungswechsel – nämlich einen Tag, kritisierten Vertreter von Travail.Suisse am Montag vor den Medien in Bern. Diese Regelung sei nicht mehr zeitgemäss, heisst es in einer Mitteilung.
46 Gesamtarbeitsverträge untersucht
Der Verband untersuchte dieses Jahr 46 Gesamtarbeitsverträge (GAV) mit rund 1,5 Millionen Angestellten in der Privatwirtschaft. Das Fazit sei ernüchternd: Über die Hälfte der Mitarbeitenden arbeite unter einem GAV, der nur einen Tag gewähre. Die Schere öffnet sich laut Travail.Suisse dabei nicht zwischen privaten und öffentlichen Arbeitgebern, sondern zwischen Gross- und Kleinunternehmen.
Für den Verband darf ein bezahlter Vaterschaftsurlaub aber nicht davon abhängen, wo ein Mann arbeitet. «Genau deshalb setzen wir uns seit Jahren für einen bezahlten und flexibel einziehbaren 20-tägigen Vaterschaftsurlaub ein», wird Matthias Kuert Killer, Leiter Sozialpolitik bei Travail.Suisse, in der Mitteilung zitiert.
Der Vaterschaftsurlaub sei zwar nicht gratis zu haben, aber liesse sich mit den Überschüssen der Erwerbsersatzordnung (EO) finanzieren. Da auch die Anzahl Diensttage im Militär stark rückläufig seien, müssten die EO-Beiträge gar nicht oder nur leicht erhöht werden. Travail.Suisse fordert seit 2007 einen Vaterschaftsurlaub von vier Wochen.
Vorstoss im Parlament hängig
Im Frühling 2014 verlangte Nationalrat Martin Candinas (CVP/GR) mit einer parlamentarischen Initiative zwei Wochen aus der EO finanzierten Vaterschaftsurlaub. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Nationalrates unterstützt das Anliegen.
Ein Vaterschaftsurlaub sei aus familienpolitischen Gründen angezeigt und sozialpolitisch verträglich, hielt die Kommission fest. Stimmt die Schwesterkommission des Ständerates ebenfalls zu, kann die Nationalratskommission einen Gesetzesentwurf erarbeiten, über den dann das Parlament befindet.