Die Europakritiker haben bei der Kommunalwahl in England und Wales triumphiert: Während die konservativ-liberale Regierungskoalition teilweise regelrecht abgestraft wurde, verbuchte die rechtspopulistische United Kingdom Independence Party (UKIP) grosse Zugewinne.
Im Durchschnitt erreichte die UKIP nach Berechnungen vom Freitagnachmittag rund 25 Prozent der Stimmen in den Wahlkreisen, in denen sie antrat. Im Vergleich zu den letzten Kommunalwahlen 2009 legte die UKIP nach Berechnungen des Sender BBC insgesamt um 13 Prozentpunkte zu.
Die grössten Verlierer waren die konservativen Tories von Premierminister David Cameron und die Liberaldemokraten, die zusammen die Koalitionsregierung in London stellen. Im Vergleich zu 2009 verloren die Tories rund 9 und die Liberaldemokraten 12 Prozentpunkte.
Die oppositionelle Labour-Partei blickte auf gemischte Ergebnisse, konnte im Ganzen aber leicht zulegen. Die Stimmenauszählung sollte sich bis zum späten Abend hinziehen.
In rund 35 Städten, Regionen und Gemeinden in England und auf der walisischen Insel Anglesey waren mehr als 2300 Sitze zu besetzen. Rund 10’000 Kandidaten traten an.
In der nordenglischen Labour-Hochburg South Shields wurde bei einer Nachwahl der Parlamentsposten des ehemaligen Aussenministers und Bruders des Labour-Vorsitzenden Ed Miliband, David Miliband, vergeben. Er hatte im März seinen Rücktritt angekündigt. Labour gewann, die UKIP wurde aber zweitstärkste Partei noch vor den Tories. Die Liberaldemokraten fielen auf Platz sieben zurück.
Konservative gewannen die meisten Mandate
Der umstrittene UKIP-Vorsitzende Nigel Farage, der auch EU-Abgeordneter ist, erklärte, seine Partei sei nun in einer guten Position für die Parlamentswahl im Mai 2015. Die UKIP wirbt unter anderem für einen Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union. Auch fordert die Partei hohe Einwanderungsbarrieren und Steuersenkungen.
Trotz des Verlustes von Hunderten Sitzen gewannen Camerons Konservative die meisten Mandate in den Gemeindevertretungen. Ihr Geschäftsführer Grant Shapps sagte, seine Partei habe die Botschaft der Wähler klar und deutlich verstanden. Zur Unterhauswahl 2015 gehe es aber um die Alternative Konservative oder Labour.
Premier Cameron erklärte, seine Partei werde alles versuchen, um die verlorenen Wählerstimmen zurückzugewinnen.
Einfache Lösungen
Es sei schwer zu sagen, ob der UKIP-Erfolg lediglich ein Denkzettel der Wähler an die Konservativen sei, oder ob die Partei eine grössere Zukunft habe, sagte Steven Fielding, Politikprofessor an der Uni Nottingham, der Nachrichtenagentur dpa.
«Wir erleben schwierige Zeiten. Die Regierung setzt Kürzungen durch, die Menschen fühlen das, sie sind genervt und vor den Kopf gestossen und wollen jemandem die Schuld zuschieben.»
Die UKIP biete eine einfache Lösung: Die EU sei Schuld und die Einwanderung. «Jenseits davon ist die UKIP-Botschaft etwas undurchsichtig und derjenigen der Konservativen sehr ähnlich.» Viele UKIP-Mitglieder seien frühere Tories, sagte Fielding.