Verhärtete Fronten beim G20-Gipfel: Auch ein unerwartetes Treffen zwischen dem US-Präsidenten Barack Obama und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat keine Annäherung in der Syrienfrage gebracht.
«Die Gegensätze bleiben bestehen», sagte Putins aussenpolitischer Berater Juri Uschakow laut der Agentur Interfax am Freitag. Die diplomatischen Kontakte zur Syrienfrage zwischen den beiden UNO-Vetomächten sollten aber vor allem im Herbst über die Aussenministerien fortgesetzt werden, sagte Uschakow.
So steht vor allem das Kräftemessen der Grossmächte USA und Russland weiterhin einer Lösung im Wege. Obama hatte vor einigen Wochen ein geplantes bilaterales Treffen mit Putin abgesagt, aus Ärger über russisches Asyl für den früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden.
Auch die mit Spannung erwartete Gesprächsrunde der Staats- und Regierungschefs zum Syrien-Konflikt brachte keine Fortschritte. Die unterschiedlichen Positionen der Weltmächte hätten beim Abendessen ihre Bestätigung gefunden, fasste der italienische Ministerpräsident Enrico Letta das Ergebnis der Beratungen in der Nacht kurz und knapp beim Kurznachrichtendienst Twitter zusammen.
Angebliche Beweise Camerons
Der Syrien-Konflikt stand offiziell nicht auf der Tagesordnung des zweitägigen Treffens der Staats- und Regierungschefs der weltweit wichtigsten Volkswirtschaften (G20). Die eigentlichen Themen sind Wirtschaftsfragen: aktive Wachstumspolitik, schärfere Kontrolle der globalen Finanzwirtschaft, Kampf gegen Steueroasen.
Obama suchte dennoch Unterstützung für einen Waffengang gegen die syrische Führung um Präsident Baschar al-Assad. Er macht Assad für den Tod von mehr als 1400 Menschen am 21. August nach dem mutmasslichen Chemiewaffenangriff verantwortlich.
Verbündete wie Grossbritanniens Premierminister David Cameron sehen das ähnlich. Neue Proben zeigten, dass immer deutlicher werde, dass das Regime die Attacke verübt habe, sagte er in einem BBC-Interview am Rande des Gipfels. Die Führung in Damaskus weist dies zurück.
Obama rechnet nicht mit Einigung
Berater des US-Präsidenten gingen davon aus, dass Obama diese Argumente beim Abendessen anführen wollte: Die Ächtung von Chemiewaffen müsse durchgesetzt werden. Es gebe keinen Zweifel, dass Assad hinter dem mutmasslichen Giftgaseinsatz stehe. Die Lähmung des UNO-Sicherheitsrates durch das russische und chinesische Veto dürfe keine Entschuldigung für Nichtstun sein.
Doch wie aus Diplomatenkreisen weiter verlautete, spürt der US-Präsident Gegenwind. Auch hiess es, Obama rechne gar nicht mit einer Einigung beim Gipfel. Russlands Widerstand sei zu massiv. Putin bestätigte den tiefen Graben zwischen beiden Ländern. Ein US-Militärschlag in Syrien sei durch nichts gerechtfertigt.
UNO-Sicherheitsrat gelähmt
Aus New York sprang Obama die neue US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, bei. In aussergewöhnlich scharfem Ton wies sie Russland die Schuld an der Syrien-Blockade im Sicherheitsrat zu.
«Russland hält diesen Rat weiter als Geisel», polterte Power vor Journalisten. Das UNO-System habe im Falle Syrien versagt. Und ihre Regierung werde sich deshalb in der Frage eines Militärschlags gegen die Führung in Damaskus nicht um eine Zustimmung des Sicherheitsrats bemühen.“
Genfer Konferenz gefordert
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon drängte derweil weiter auf eine friedliche Beilegung des Konflikts. «Es gibt keine militärische Lösung», sagte Ban laut Redemanuskript vor den Staats- und Regierungschefs. Auch Waffenlieferungen an die Konfliktparteien lehne er ab.
Er forderte, die seit längerem in Genf geplante Syrien-Konferenz so rasch wie möglich einzuberufen, damit dort nach Lösungswegen gesucht werden könne. Ban unterstützte zugleich den Aufruf des Papstes, Friedensbemühungen eine Chance zu geben.