Ein türkisches Gericht hat Medienberichten zufolge rund zwei Dutzend Anführer der so genannten Gezi-Proteste freigesprochen. Alle 26 Angeklagten seien von dem Gericht in Istanbul freigesprochen worden, berichteten türkische Medien am Mittwoch.
Die angeklagten Aktivisten hatten zur Oppositionsgruppe Taksim Solidarität gehört, die im Sommer 2013 eine führende Rolle bei der Organisation der regierungskritischen Proteste am Istanbuler Taksim-Platz gespielt hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte ihnen «Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung» vorgeworfen und bis zu 13 Jahre Haft gefordert.
Die Proteste hatten sich zunächst gegen die geplante Zerstörung des kleinen Gezi-Parks am zentralen Taksim-Platz gerichtet, wo die Stadtverwaltung ein Einkaufszentrum errichten wollte. Angesichts des harten Vorgehens der Polizei und der unnachgiebigen Haltung der Regierung weiteten sich die Proteste aber rasch aufs ganze Land aus.
Die überwiegend jungen Demonstranten warfen dem damaligen islamisch-konservativen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan einen autoritären Regierungsstil und einen Versuch zur Islamisierung von Staat und Gesellschaft vor.
Wochenlange Demonstrationen
Taksim Solidarität hatte als Bündnis aus Organisationen der Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Oppositionsgruppen eine Schlüsselfunktion bei der Koordinierung der Proteste gehabt.
Bei den wochenlangen Demonstrationen in Istanbul, Ankara und anderen Städten war es wiederholt zu gewaltsamen Zusammenstössen mit der Polizei gekommen, bei denen mehrere Menschen getötet und hunderte verletzt wurden. Erdogan, der inzwischen ins Amt des Staatspräsidenten gewechselt ist, hatte jeden Dialog mit den Demonstranten abgelehnt.
Andrew Gardner, Türkei-Experte von Amnesty International, begrüsste den Freispruch. Er kritisierte den Prozess jedoch als politisch motiviert. «Das Recht auf friedlichen Protest stand vor Gericht. Es ist ein Skandal, dass das Gericht die Anklage angenommen hat», sagte er der deutschen Nachrichtenagentur dpa.