Tunesien hat seine Sicherheitsmassnahmen seit den beiden Terroranschlägen im März und im Juni verstärkt. Das Land will damit mehr Touristen zurückgewinnen.
«Wir sichern die touristischen Sehenswürdigkeiten und Rundreisen sowie Hotels, Museen und Flughäfen», sagte Tourismusministerin Salma Elloumi Rekik der Nachrichtenagentur sda. Bei der Einführung internationaler Sicherheitsnormen werde eng mit Frankreich, Deutschland, Grossbritannien, Italien und den USA zusammengearbeitet.
Sicherheitskräfte aus diesen Ländern treffen sich regelmässig mit ihren tunesischen Berufskollegen und tauschen Informationen aus. Es gibt auch gemeinsame Patrouillen, vor allem an der Grenze zu Libyen. Bereits Anfang Juli wurden 3000 Sicherheitsbeamte zum Schutz der Strände, Hotels und archäologischen Stätten abgestellt.
Das Fünfsterne-Hotel «Regency» in Gammarth, einem Vorort von Tunis baute seine Sicherheitsvorkehrungen bereits vor den Anschlägen aus. Denn zu seinen Kunden zählen zahlreiche Botschaften westlicher Länder, wie Direktor Nebil Sinaoui sagt. Das Hotel verfügt über Kameras und gepanzerte Türen. Das Sicherheitspersonal wurde aufgestockt und am Strand sind bewaffnete Polizisten diskret im Einsatz, unterstützt durch Patrouillen per Boot und Pferd.
Samir Ncir, Direktor des Luxushotels «Yasmine» in Hammamet begrüsst, dass die Regierung bis Ende Jahr an der Grenze zu Libyen eine 170 Kilometer lange Mauer baut. Das schütze die Badeorte im Süden. Zudem hofft er, dass das Nachbarland mit den gegenwärtigen Verhandlungen für eine Einheitsregierung unter UNO-Vermittlung bald stabil ist. «Die Stabilität Libyens ist die Sicherheit Tunesiens», meint er.
Bedeutender Wirtschaftsfaktor
Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Tunesien. Er trug 2014 laut dem World Travel and Tourism Council 7,4 Prozent zum BIP bei. Und rund 14 Prozent der aktiven Bevölkerung, oder 473’000 Personen, arbeiten direkt oder indirekt für diesen Sektor.
Im März hatten Terroristen bei einem Anschlag auf das Nationalmuseum Bardo von Tunis 21 ausländische Touristen und einen Polizisten getötet. Dann kamen am 26. Juni bei einem Anschlag in Sousse 38 ausländische Touristen ums Leben, 30 von ihnen waren Briten.
Nach den Anschlägen strichen einige europäischen Reiseveranstalter Tunesien aus ihren Programmen, in der Folge mussten Hotels schliessen. In den ersten acht Monaten dieses Jahres sank die Zahl der Touristen um eine Million auf vier Millionen.
Im Badeort Hammamet sind derzeit in den Gassen der Altstadt nur wenige Touristen unterwegs. Die Verkäufer von Kunsthandwerk seien im August dank der algerischen Feriengäste über die Runden gekommen, sagt ein Töpferwaren-Händler.
Laut Hoteldirektor Sinaoui konnten die Tunesier zunächst kaum glauben, dass es in ihrem Land zu Anschlägen kommt. «Wir kennen den Terrorismus aus dem Fernsehen», sagt er und zeigt sich optimistisch, dass die Touristen zurückkehren. Dies sei nach mehreren Anschlägen etwa auf Bali auch der Fall gewesen.
Angebot verbreiten
Allein seit dem Anschlag bei Sousse kamen laut der Tourismusministerin ein Viertel weniger Feriengäste. «Wir nutzen diese Situation, um unser Angebot zu diversifizieren», sagt sie. Dieses bestand bisher zu 80 Prozent aus Badeferien, die jedoch nur während vier Monaten verkauft werden können.
Neben dem Sahara-, dem Golf- und dem ökologischen Tourismus will Tunesien vor allem Kulturreisen fördern. Ministerin Elloumi Rekik sieht dafür gute Chancen. «Tunesien verfügt über 40’000 historische Sehenswürdigkeiten und über 150 Museen. Einige Tempel sind 3000 Jahre alt.»
Tunesien hofft, dass Grossbritannien seine Reisewarnung aufhebt. Grossbritannien habe mit dieser zunächst verständlichen Reaktion getan, was die Terroristen wollten, nämlich Tunesiens Wirtschaft zu treffen, sagt Elloumi Rekik.
Tatsächlich wirkten sich die Anschläge nicht nur negativ auf den Tourismus aus. Auch Bauern klagen, dass sie weniger Hotels beliefern können. «Es verzögerten sich zudem Investitionen von Firmen, die sich in Tunesien niederlassen wollen», sagt Emna Allani, die Generalsekretärin der tunesisch-schweizerischen Handels- und Industriekammer. Allani betont im Übrigen, das Alltagsleben habe sich in Tunesien seit den Anschlägen nicht verändert.