Oberhalb vom Luxus-Ski-Resort Gstaad befindet sich das Bauerndorf Turbach. Der Ort versprüht Kuhromantik abseits von Promis in Pelzmänteln.
Das Restaurant Sunne-Stübli, ein Dorflädeli und etwa zehn Häuser – mehr ist da nicht im Dorfkern von Turbach. Es ist die Antithese zum Highlife-Resort Gstaad, das nur zehn Minuten Autofahrt entfernt ist. Während internationale Promis wie Madonna oder Salma Hayek unten in Gstaad von einem Luxusgeschäft zum nächsten promenieren, liegt oben in Turbach der Käse vor dem Bauernhaus – mit der Aufschrift «Selbstbedienung».
Das «Büssli» fährt neunmal täglich hoch ins Tal. Wer den Fahrer um Ratschlag fragt, erhält eine Antwort in urchig-melodischem Kauderwelsch, das nur berndeutsche Muttersprachler in Gänze verstehen. Kein Wunder, sind doch ausländische Gäste – also Basler, Zürcher oder Stadtberner – hier eher selten und werden zuweilen beäugt, als seien sie mehr geduldet als erwünscht.
Blick auf das Niesehorn, nahe von Lauenen. (Bild: Jeremias Schulthess)
Doch wer das Glück hat, Einheimische näher kennenzulernen, der spürt viel Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Wir sind bei einem Bauern-Ehepaar eingeladen, das wir von regelmässigen Ferienaufenthalten kennen. Der Mann erzählt, wie man mit vereinten Kräften die Schliessung des Dorflädelis verhindern konnte. Auch gegen die Einschränkung des Bustaktes haben sich die Turbacher erfolgreich gewehrt – es sind die Probleme, die viele Bergdörfer kennen.
Nach dem Znacht führen uns die Gastgeber durchs Haus. Im Keller lagern Käselaibe («Jaja, auf die Mäuse müssen wir aufpassen»), im Wohnzimmer hängt der Familien-Stammbaum («Und das war der Ur-ur-Grossätti»). Nach einem Abstecher in den Stall riechen Jacke und Kleider nach Kuhmist – auch noch eine Woche später.
Am nächsten Tag fahren wir nach Lauenen, wo sich der, auch dank einem Lied der Band Span bekannte, «Louenesee» befindet. Unterwegs überholen uns zwei Pferdeschlitten. Russische Touristen prosten uns im Vorbeifahren mit Weisswein zu. Der Schnee glänzt, im wärmenden Sonnenlicht plumpsen Eiszapfen von den Felsen.
Der See ist auch bei zwei Grad plus zugefroren. Eingekesselt von steilen Berghängen bleibt er meist im Schatten. Eine dicke Schneeschicht verdeckt das Eis. Wer es nicht besser weiss, könnte denken, hier liege ein Fussballfeld.
Am Abend besuchen wir ein Dancing in Gstaad. Über die Bildschirme flackern Fotos von Gästen, die vor einer Promo-Leinwand posieren. Frauen tragen High Heels, Männer tief ausgeschnittene T-Shirts. Das Publikum ist international, aber auch die Dorfjugend trifft sich hier zum Tischfussball und Billard. Der Club wurde soeben auf die Liste der 200 «World’s Finest Clubs» aufgenommen.
Und so bleibt uns von diesem Ort eine Mischung aus Bauernromantik und High-Society-Flair in Erinnerung – hier wächst zusammen, was nicht zusammengehört.
- Ausschlafen: In Turbach gibt es kein Hotel, aber Ferienwohnungen zu mieten.
- Austrinken und anbeissen: Das «Chesery» in Gstaad bietet gehobene Küche (18 Gault-Millau-Punkte) – zu gehobenen Preisen (Fünf-Gänge-Menü für 165 Franken). Der Club im Keller zieht auch internationale DJs an.
- Abfahren: Eine Tageskarte für das Skigebiet Gstaad-Saanen-Schönried-Saanenmöser kostet für Erwachsene 66 Franken und deckt alle Bereiche ab. Es gibt verschiedene Schlittelpisten (Wispile, Eggli und Zweisimmen).