Die Waadtländer haben die Unternehmenssteuerreform III am Sonntag mit deutlicher Mehrheit angenommen. Die Ja-Mehrheit von 87,12 Prozent übertraf die kühnsten Erwartungen der Kantonsregierung. Sie wertete das Resultat als deutliches Signal an Bundesbern.
Der Waadtländer Regierungspräsident Pierre-Yves Maillard (SP) sprach am Sonntag vor den Medien in Lausanne von einem «überraschenden Ausmass» der Zustimmung. Finanzdirektor Pascal Broulis (FDP) wählte die Worte «historisches Resultat».
In absoluten Zahlen lautete das Abstimmungsergebnis 125’362 Ja-Stimmen zu 18’538 Nein-Stimmen. Die Stimmbeteiligung lag bei 35,31 Prozent. Das Referendum der äusseren Linksparteien und der Gewerkschaft vpod blieb damit ohne Chance.
In der Waadt gelten nun bereits ab September des laufenden Jahres einige der Massnahmen zur Stärkung der Kaufkraft wie die Erhöhung der Familienzulagen, eine stärkere Verbilligung der Krankenkassenprämien und eine bessere Tagesbetreuung für Kinder.
Mit diesem sozialen Ausgleichspaket überzeugte die Waadtländer Regierung die Bevölkerung von der zur Abstimmung vorgelegten Steuerreform, die massive Steuersenkungen für Firmen vorsieht. Bis 2019 wird damit der Sonderstatus für international tätige Firmen abgeschafft.
Sonderstatus international unter Druck
Diese profitierten bislang davon, dass im Ausland erwirtschaftete Gewinne tiefer besteuert wurden als im Inland erzielte Gewinne. Allerdings geriet dieser Sonderstatus international massiv unter Druck. Die multinationalen Firmen zahlen aber nicht plötzlich gleich viel Steuern wie im Inland tätige Unternehmen.
Viel mehr werden nun die Steuern für die einheimischen Firmen von heute 21,6 auf künftig 13,79 Prozent gesenkt. Das führt laut der Waadtländer Kantonsregierung zu Mindereinnahmen von 280 Millionen Franken.
Die Waadt drückte bei der Unternehmenssteuerreform III besonders auf das Tempo, um den zahlreichen multinational tätigen Firmen im Kanton Rechts- und Planungssicherheit zu geben. Künftig dürfte der Kanton mit diesem Steuersatz im nationalen Vergleich bei den Firmensteuern im Mittelfeld liegen.
Sieg der Kompromisspolitik
Mit der nationalen Vorlage zur Umsetzung der Unternehmenssteuerreform III ist das Waadtländer Projekt allerdings nicht vergleichbar, weil in Bundesbern nur die Steuersenkungen zur Debatte stehen.
Dennoch wertet die Kantonsregierung die massive Zustimmung in der Waadt als klares Zeichen dafür, dass nur ein Kompromissprojekt Chancen beim Stimmvolk hat. Es zeuge von einer lösungsorientierten Politik, die im Kanton Waadt seit einem Dutzend Jahren gepflegt werde, sagte Pierre-Yves Maillard.
Kräftemessen in Bundesbern
Auf nationaler Ebene stehen die Zeichen allerdings nicht auf Kompromiss. Der Nationalrat erhöhte erst vergangene Woche die Rechnung der Reform für den Bund auf über 1,2 Milliarden Franken, was SP und Grüne als «Steuerabzugsfestival» bezeichneten.
Die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat fügte unter anderem die von der Wirtschaft gewünschte zinsbereinigte Gewinnsteuer auf überdurchschnittlich hohem Eigenkapital sowie die Tonnage Tax für Schifffahrtsunternehmen in die Vorlage ein.
Die Unterschiede zwischen dem nationalen Projekt und der Waadtländer Vorlage spaltete denn auch die Sozialdemokraten. Während sie auf nationaler Ebene wiederholt mit dem Referendum drohten, unterstützten sie die Waadtländer Vorlage deutlich.
SP Schweiz denkt weiter über Referendum nach
In der Diskussion um ein nationales Referendum hat sich für den Fraktionschef der SP im Bundeshaus und Waadtländer Nationalrat Roger Nordmann nach dem Urnengang nichts geändert. Die USR III sei in der Waadt so gut angenommen worden, weil das Paket mit den Massnahmen zur Stärkung der Kaufkraft ausgeglichen gewesen sei.
Für die Bürgerlichen in Bern stelle sich damit die Frage, ob sie das Fuder weiterhin überladen oder das Loch in der Staatskasse begrenzen wollen. Im Bundeshaus geht die USR III nun zuerst an den Ständerat zurück, bevor es voraussichtlich im Sommer zur Schlussabstimmungen kommt.
Falls ein Referendum ergriffen und sogar angenommen würde, hätte das allenfalls auch Auswirkungen auf die Waadt. Falls bis Ende 2018 kein neues Projekt auf Bundesebene vorliegen würde, müsste die Kantonsregierung eine Verschiebung des Inkrafttretens der kantonalen Vorlage in Betracht ziehen.