Laufen bei der Basler Verwaltung die Überstunden aus dem Ruder? Die Reaktionen der Politiker auf die TagesWoche-Analyse fallen unterschiedlich aus.
«Das ist eine ungute und kranke Entwicklung», sagt Lorenz Nägelin. Wie eine Datenanalyse der TagesWoche aufzeigt, hat sich in der Basler Verwaltung eine beachtliche Menge Überzeit angehäuft.
Nägelin, Teamleiter bei der Rettung Basel-Stadt und SVP-Regierungsratskandidat, hat die Ursache schnell gefunden: Die «rot-grüne Politik», die sei mitverantwortlich. «Man muss Prioritäten setzen können, administrativ entlasten und dem Staat dürften nicht immer mehr Aufgaben zufallen», findet Nägelin.
Der FCB ist überall…
Obschon die Überzeit etwa bei der Polizei hoch ist, stellt Nägelin aber für das Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) ein gutes Zeugnis aus und findet lobende Worte für dessen Vorsteher Baschi Dürr: «Die Überzeit wurde vor allem in den Ereignisdiensten erheblich gesenkt und die Entwicklung befindet sich somit auf einem guten Weg», so der SVP-Politiker. Die Überstunden bei den Blaulichtorganisationen seien schliesslich auch ereignisabhängig. «Vieles hängt zum Beispiel mit den Erfolgen des FC Basel zusammen», sagt er. Vom Auszahlen der Überstunden hält er nicht viel. Hier sei – auch aus gesundheitlicher Sicht – die Kompensation durch Freizeit die bessere Lösung.
Als nicht sehr alarmierend schätzt hingegen Regierungsratskandidat Conradin Cramer (LDP) die Situation ein. Er sieht allerdings «hohen Überwachungsbedarf». Wichtig sei, dass die Überstunden abgebaut werden können oder konstant bleiben – und man nicht jedes Jahr einen höheren Berg vor sich herschiebt.
Wie Nägelin äussert sich auch Cramer in diesem Zusammenhang staatskritisch: Sofern immer mehr Überstunden anfallen, müsse man sich fragen, ob wirklich jede einzelne Aufgabe zwingend vom Kanton zu erledigen sei. «Einfach mehr Leute anzustellen wäre jedenfalls keine Lösung», sagt Cramer.
Überstunden als Führungsproblem
SVP-Grossrat Patrick Hafner, der Präsident der Finanzkommission (FKom), hat schon unzählige Stunden über das Thema Überzeit diskutiert. Er spricht von einem «vielschichtigen» Problem: So hätten etwa die Überstunden bei der Kantonspolizei und bei den Lehrkräften ganz verschiedene Hintergründe, bei beiden befände man sich aber auf dem Weg zur Besserung.
Das Problem ist aus Hafners Sicht nicht primär der finanzielle Aspekt: «Wenn die Überstunden aus dem Ruder laufen, ist das in der Regel ein Führungsproblem», findet Hafner. Dies sei aber – soweit das für die Oberaufsicht erkennbar sei – nicht der Fall. «Zudem kann es manchmal auch sinnvoll sein, temporär Überzeiten aufzubauen statt neue Leute einzustellen», sagt Hafner.
«Die Lage nicht dramatisieren»
Martin Lüchinger, SP-Grossrat und Abteilungsleiter beim Amt für Umwelt und Energie (AUE), sieht die Situation gelassen: «Man muss schon hinschauen, soll aber die Lage nicht dramatisieren». Dies gelte auch für die Rückstellungen des Kantons von über 30 Millionen Franken.
Lüchinger: «Das ist ein Sockelbetrag, der nun jedes Jahr mitgenommen wird – letztendlich kostet das den Staat keinen Rappen». Die Veränderungen der Stundenzahlen und damit auch diejenige des Betrags, die solle man aber im Auge behalten. Zudem müsse man je nach Departement differenzieren. «Die Kantonspolizei ist sicher ein anderer Fall – man kann deswegen nicht die ganze Verwaltung in einen Topf werfen», sagt Lüchinger. «Die vielen Überstunden zeigen aber schon, dass der Arbeitsanfall hoch ist.»