Ukrainische Justiz ermittelt wegen Umsturzversuchs gegen Opposition

In der Ukraine haben die Sicherheitsbehörden wegen angeblicher Umsturzversuche Ermittlungen gegen die Opposition eingeleitet. Auslöser könnte der Aufruf des früheren Aussenministers Arseni Jazenjuk zur Blockade des Regierungsviertels in Kiew gewesen sein.

Demonstranten in Kiew vor dem Sockel der gestürzten Lenin-Statue (Bild: sda)

In der Ukraine haben die Sicherheitsbehörden wegen angeblicher Umsturzversuche Ermittlungen gegen die Opposition eingeleitet. Auslöser könnte der Aufruf des früheren Aussenministers Arseni Jazenjuk zur Blockade des Regierungsviertels in Kiew gewesen sein.

Gegen wen die Justiz aber tatsächlich ermittelt, darüber machte der mit staatsanwaltlichen Befugnissen ausgestattete Inlandsgeheimdienst SBU am Sonntag keine Angaben. Es gehe um «illegale Handlungen bestimmter Politiker mit dem Ziel, die Macht im Staat zu ergreifen», sagte eine Sprecherin der Behörden.

Die Ermittlungen gründen sich den Angaben zufolge auf einen Paragrafen im ukrainischen Strafgesetzbuch, der eine gewaltsame Änderung oder Abschaffung der verfassungsmässigen Ordnung unter Strafe stellt. Derartige Vergehen können mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden.

Bei den seit fast drei Wochen andauernden Massenkundgebungen protestieren Regierungsgegner gegen den prorussischen Kurs der ukrainischen Staatsführung. Auslöser war die Entscheidung von Staatspräsident Viktor Janukowitsch, auf Drängen Russlands ein Abkommen zur Annäherung an die EU vor der geplanten Unterzeichnung platzen zu lassen.

Lenin-Statue gestürzt

Auch am Sonntag waren trotz Einschüchterungen der Polizei Hunderttausende Menschen gegen die pro-russische Politik der Regierung auf die Strassen gegangen. Zuletzt kam dabei eine Stimmung auf wie zum Ende der Sowjetunion: Demonstranten stürzten eine Lenin-Statue.

Am Rande der Massendemonstrationen zogen Maskierte ein Stahlseil um das Revolutionsdenkmal und kippten die Figur, wie ein Polizeisprecher am Sonntag sagte. Die zentrale Lenin-Statue stand etwa einen Kilometer vom Unabhängigkeitsplatz entfernt.

Auf diesem war am Nachmittag die Tochter der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko aufgetreten. «Es steht auf Messers Schneide, ob wir endgültig in eine grausame Diktatur fallen oder ob wir in die europäische Gemeinschaft zurückkehren», las sie aus einem Schreiben ihrer Mutter.

Ambitionen aufs Präsidentenamt

Der Oppositionelle Witali Klitschko forderte vor der Menschenmenge die Freilassung politischer Gefangener, die Bestrafung aller Verantwortlichen für die jüngste Polizeigewalt, den Rücktritt von Ministerpräsident Mikola Asarow sowie vorgezogene Wahlen für das Parlament sowie das Präsidentenamt. Zugleich ermahnte Klitschko die Menge, weiterhin friedlich zu demonstrieren.

Klitschko werden Ambitionen für das Amt des Präsidenten nachgesagt. Nach einem Bericht des deutschen Magazins «Spiegel» wollen die konservativen europäischen Regierungschefs, darunter die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, an einem Treffen in Brüssel zusammen mit Klitschko auftreten. Dies könnte dem Boxer in der Öffentlichkeit den Rücken stärken.

Die EU-Kommission kündigte am Sonntag an, dass Aussenbeauftragte Catherine Ashton in Kürze zu Gesprächen nach Kiew reisen werde. Sie wolle dort helfen, nach einem Weg aus der politischen Krise zu suchen, hiess es in Brüssel.

Hoffnung auf billigeres Gas

Der ukrainische Präsident Janukowitsch hatte am Freitag überraschend den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi am Schwarzen Meer getroffen, um über eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit zu beraten. Medienberichten zufolge will die Ukraine der Zollunion mit Russland, Weissrussland und Kasachstan beitreten.

Im Gegenzug würde die Regierung in Moskau den Preis für Erdgas halbieren und dem Nachbarn Finanzhilfen anbieten. Der ukrainische Ministerpräsident Asarow sprach am Samstag lediglich von Spekulationen. Es sei eine Zusammenarbeit in den Bereichen Industrie, Luftfahrt und Energie besprochen worden. Der Verhandlungen gingen weiter, sagte er.

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