Für den Präsidenten des FC Bayern Uli Hoeness naht die Stunde der Wahrheit. Das Münchner Landgericht fällt mit grosser Wahrscheinlichkeit schon an diesem Donnerstag das Urteil über den prominenten Steuersünder.
Im schlimmsten Fall droht Hoeness eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren, sofern das Gericht einen besonders schweren Fall von Steuerhinterziehung bejahen sollte. Die Kammer geht dabei von einer Steuerschuld von 27,2 Millionen Euro aus – und nicht von den 3,5 Millionen, welche die Staatsanwaltschaft dem Präsidenten des FC Bayern in der Anklage vorgeworfen hatte. Das sagte Richter Rupert Heindl am Mittwoch.
Hoeness‘ Verteidigung erkennt die Summe widerspruchslos an. «Die Zahlen hält die Verteidigung für sachgerecht, da zweifeln wir nicht dran», sagte Hoeness‘ Anwalt Hanns W. Feigen. Davon, dass die Selbstanzeige des 62-Jährigen gültig und damit zumindest strafmindernd ist, geht die Verteidigung dennoch aus. Die Zahlen seien keine Überraschung. «Wir sind ja nicht dämlich!», erklärte Feigen.
Hoeness‘ Anwalt spricht von «Schätzungen»
«In der Selbstanzeige, die Herr Hoeness am 17. Januar 2013 eingereicht hat, sind sämtliche Zahlen bereits enthalten», betonte Feigen. Noch zum Prozessauftakt am Montag hatte die Verteidigung von 18,5 Millionen gesprochen.
Die 27,2 Millionen wurden erst nach der Aussage einer bayrischen Steuerfahnderin öffentlich. Die Differenz von knapp neun Millionen Euro erklärte Feigen damit, dass die 18,5 Millionen Euro Schätzungen gewesen seien.
Die Staatsanwaltschaft sieht das völlig anders. Sie fühlt sich nach den spektakulären Summen, die im Prozess auf den Tisch gekommen sind, in ihrer Annahme bestätigt, dass Hoeness‘ Selbstanzeige vom 17. Januar 2013 überaus fehlerhaft ist.
Wenn die Kammer nach den für Donnerstagmorgen geplanten Plädoyers dieser Ansicht zustimmt, kommt Hoeness nach Ansicht vieler Experten um eine Gefängnisstrafe wohl nicht mehr herum.
«Wenn es zu einer Verurteilung kommt, dann wird auch die Summe der hinterzogenen Steuern eine Rolle spielen», verdeutlichte Gerichtssprecherin Andrea Titz. Hoeness kann nach dem ungünstigen Verlauf des Prozesses wohl nur noch auf Richter Heindl und ein mildes Urteil hoffen. Hoeness verfolgte das Geschehen auch am Mittwoch erneut ohne jede Wortmeldung.
Nachzahlungen von über 27 Millionen Franken
Selbst bei einem milden Urteil, etwa einer Bewährungsstrafe, aber wird die Steueraffäre für den Bayern-Boss Folgen haben. Mindestens 27,2 Millionen Euro muss er an den Fiskus nachzahlen. Die zehn Millionen, die er beim Finanzamt hinterlegt hat und die Kaution von fünf Millionen Euro, die er im Frühjahr 2013 gezahlt hat, um der Untersuchungshaft zu entgehen, machen gerade einmal rund die Hälfte aus.
Mit Spannung erwartet worden war am dritten Prozesstag die Zeugenaussage eines EDV-Experten im Finanzamt Rosenheim. Dieser bestätigte zwar die Darstellung der Steuerfahnderin, wonach die Schweizer Bank Vontobel bereits am 18. Januar 2013 die Grunddateien für Kontodaten ihres Kunden angelegt habe.
Die zu einer lesbaren Form bearbeiteten Dateien seien aber erst am 20. Februar und damit kurz vor der Übergabe erstellt worden. Hoeness‘ Verteidiger Hanns W. Feigen nannte daraufhin die am Dienstag aufgekommene These «grober Unfug», dass Hoeness über die Kontodaten verfügte und sie absichtlich zurückgehalten haben könnte.
Doch selbst wenn die Daten tatsächlich schon am 18. Januar 2013 brauchbar gewesen sein sollten – auch das hätte wohl nichts mehr geholfen. Denn Hoeness gab bereits am 17. Januar seine Selbstanzeige ab – und die hätte zu diesem Zeitpunkt vollständig sein müssen, sagte der Sprecher der Anklagebehörde, Ken Heidenreich, am Rande des Prozesses. «Entscheidend ist, dass die erste Selbstanzeige also unvollständig und damit unwirksam war», betonte er mit Blick auf spätere Nachbesserungen.