Das Bundesgericht muss sich mit dem umstrittenen Strassenbauprojekt für die Umfahrung des Aargauer Städtchens Mellingen beschäftigen. Die Umweltverbände VCS und WWF haben den Beschwerdeentscheid des kantonalen Verwaltungsgerichtes ans Bundesgericht weitergezogen.
Der Kanton sei mit der Auflage des nur kosmetisch veränderten Projekts vorgeprescht und ignoriere die vom kantonalen Verwaltungsgericht gemachten Auflagen, teilten der WWF Aargau und der VCS Aargau am Dienstag mit. Sie werfen dem Kanton ein «zweifelhaftes Rechtsverständnis» vor.
Die beiden Umweltverbände hatten im Januar angekündigt, sie wollten den Entscheid des Verwaltungsgericht ans Bundesgericht weiterziehen. Das Verwaltungsgericht hatte ihre Beschwerde teilweise gutgeheissen.
Das Gericht kam, gestützt auf ein Gutachten der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK), zum Schluss, dass das Bauprojekt im Abschnitt 1 von der Birrfeldstrasse bis zum Kreisel Tanklager gegen das Natur- und Heimatschutzgesetz verstösst.
Den Abschnitt 2 zwischen Birrfeldstrasse und Lenzburgerstrasse erachtete das Verwaltungsgericht als gesetzeskonform. Mit dem Bau des Abschnitts 2 darf gemäss Urteil jedoch erst begonnen werden, wenn der Abschnitt 1 rechtskräftig bewilligt ist.
«Erhebliche Mängel»
WWF und VCS bemängeln, dass die Projektierung der Umfahrung Mellingen auch in der überarbeiteten Form erhebliche Mängel aufweise. Das neue Projekt sei bis auf kosmetische Änderungen eine Neuauflage der ursprünglichen Variante.
Mit der Beschwerde an das Bundesgericht wollen die beiden Organisationen den «widersprüchlichen Entscheid» des Verwaltungsgerichts klären lassen.
Der VCS und WWF hatten kritisiert, dass die gesamte Umfahrung Mellingen mehr als den im Richtplan vorgesehenen Schwellenwert von drei Hektaren Fruchtfolgeflächen beansprucht. Daher wäre eine Richtplananpassung durch den Grossen Rat notwendig gewesen.
Neuer Entscheid des Parlaments verlangt
Das Verwaltungsgericht habe diese Rüge in den Erwägungen ausdrücklich bestätigt und festgehalten. Daher braucht es gemäss den Beschwerdeführern einen entsprechenden Richtplanbeschluss des Parlamentes.
Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde zum Abschnitt 1 der Umfahrung teilweise gut. Die Beschwerde zum Abschnitt 2 wies das Verwaltungsgericht «im Widerspruch zur eigenen Erwägung» ab, wie die Organisationen festhalten. Deshalb werde dieser Entscheid an das Bundesgericht weiterzogen.
Zudem reichten die geplanten Massnahmen zur Verkehrsberuhigung nicht aus, um die Mellinger Altstadt weitgehend vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Die Verkehrssperrung der Altstadt sei nicht ausreichend rechtlich gesichert.
Volk stimmte Projekt vor sechs Jahren zu
Das Aargauer Volk hatte die 36,5 Millionen Franken kostende Umfahrung im Mai 2011 deutlich befürwortet. Seither dauert das juristische Seilziehen an.
Die Strasse soll das Reussstädtchen Mellingen im Bezirk Baden vom Durchgangsverkehr entlasten. Jeden Tag fahren rund 17’000 Fahrzeuge durch die Altstadt mit ihrem Ortsbild von nationaler Bedeutung.