Aus Protest gegen harte Sparmassnahmen und hohe Arbeitslosigkeit sind in Griechenland am Mittwoch Zehntausende Menschen auf die Strassen gegangen. Umfangreiche Streiks legten das öffentliche Leben lahm.
Um die Mittagszeit versammelten sich im Zentrum Athens nach Schätzungen der Polizei rund 45’000 Menschen. Die Gewerkschaften schätzten die Zahl der Demonstranten auf rund 80’000. Aus Sorge vor Ausschreitungen Autonomer schloss die Polizei mehrere U-Bahnstationen im Zentrum der Stadt.
Kleine Demonstrationen fanden auch in anderen Städten Griechenlands statt. In Thessaloniki versammelten sich nach Angaben der Polizei gut 15’000 Menschen.
In Athen empörten sich die Demonstranten über die von der Regierung verordneten Lohnkürzungen und Steuererhöhungen. „Diebe, Diebe!“, riefen sie und zogen mit Trillerpfeifen und Trommeln vor das Parlament. Die Demonstranten an der Spitze des Gewerkschaftszuges trugen eine grosse Banderole mit der Aufschrift „Stopp! Wir können nicht mehr.“
Meist friedlich
Die Proteste verliefen ohne schwerwiegende Zwischenfälle. In Athen schleuderten Vermummte in mehreren Fällen Steine gegen die Polizei. Zudem wurden ein Auto und mehrere Mülleimer angezündet. Auch einige Brandflaschen warfen Vermummte auf die Polizei. Die Polizei setzte teilweise Tränengas ein, um die Randalierer auseinander zu treiben.
„Ein Lehrer verdient 629 Euro. Wovon soll er leben, wenn er eine Miete von 250 Euro auf einer der Inseln zahlen muss“, sagte der Präsident der Lehrergewerkschaft, Christos Papachristos, im griechischen Radio. Dieses Jahr sollen 25’000 Staatsbedienstete entlassen werden.
Dazu hat sich die Regierung gegenüber den internationalen Geldgebern verpflichtet. „Diese katastrophale Politik muss jetzt beendet werden“, sagte der Chef der stärksten Oppositionspartei Bündnis der radikalen Linken, Alexis Tsipras, zu Reportern.
Griechenland steckt seit Jahren in der Rezession und hält sich nur dank internationaler Hilfen über Wasser, für die das Land erhebliche Einsparungen zusagen musste. Inzwischen beträgt die Arbeitslosigkeit 27 Prozent. Vor allem junge Leute leiden schwer: Mehr als 60 Prozent der Menschen unter 24 Jahren haben keinen Job.
Öffentlicher Dienst bestreikt
Am Streik nahmen vor allem Staatsbedienstete wie Beamte der Ministerien und des Steueramtes, Lehrer sowie Angestellte der staatlichen Eisenbahnen teil. Busfahrer in Athen gingen für sechs Stunden in den Ausstand. Spitalärzte behandelten nur Notfälle.
Wegen mehrstündiger Arbeitsniederlegungen der Angestellten der zivilen Luftfahrt kam es auch zu Behinderungen und Verspätungen im Flugverkehr, vor allem auf Inlandflügen. Erhebliche Probleme gab es auch bei der Küstenschifffahrt. Auch die Fähren zu den bei Touristen beliebten griechischen Inseln verkehrten nicht.
Die U-Bahnfahrer durften nicht streiken, weil die Regierung sie vor zwei Wochen nach mehrtägigen Streiks zum Dienst verpflichtet hatte. Dies gilt für 14 Monate.
Zu den Streiks hatten die beiden grössten Gewerkschaftsverbände GSEE und ADEDY sowie die Kommunistische Gewerkschaft PAME aufgerufen. Sie sprachen zwar von einem Generalstreik. Angestellte in Supermärkten, Taxifahrer und Hotelangestellte nahmen jedoch nicht daran teil. Auch alle Geschäfte und die meisten Banken waren geöffnet.