Und niemand spricht von der Klimaveränderung

Sandy war der schwerste Sturm, den die Ost-Küste der USA seit Menschengedenken erlebt hat. Er folgt auf Rekord-Hitze, auf Rekord-Dürre, und auf einen ungewöhnlich harten Sommersturm. Doch kein Präsidentschaftskandidat traut sich, den Zusammenhang zwischen Klimaveränderung und Stürme Wetter auch nur zu erwähnen. Geschweige denn, irgend etwas dagegen zu unternehmen. In meinem Stadtteil im Zentrum von […]

...als Opfer von Sturm «Sandy» geschreddert.

Sandy war der schwerste Sturm, den die Ost-Küste der USA seit Menschengedenken erlebt hat. Er folgt auf Rekord-Hitze, auf Rekord-Dürre, und auf einen ungewöhnlich harten Sommersturm. Doch kein Präsidentschaftskandidat traut sich, den Zusammenhang zwischen Klimaveränderung und Stürme Wetter auch nur zu erwähnen. Geschweige denn, irgend etwas dagegen zu unternehmen.

In meinem Stadtteil im Zentrum von Washington klingt es heute wie im Wald: Motorsägen. Laute Zurufe an Männer, die mit Macheten und kleinen Handsägen in Baumgipfeln herumsteigen, um angebrochene Äste abzusägen. Und der Lärm von «Chipper»-Maschinen: An einem Ende schieben Arbeiter ganze Bäume herein. Am anderen Ende bläst ein Rohr kleine Holzschnitzel heraus.

Wo die Infrastruktur solide ist, hat selbst Super-Sturm Sandy kaum Schäden anrichten können. Mein Stadtteil ist in den 60er Jahren rundum saniert worden. Dabei kamen die Stromkabel unter die Erde. Sind echte Trottoirs entstanden. Und wurde nicht bei den Uferbefestigungen gepfuscht.

Damals dachte niemand daran, dass der Staat der Feind wäre. Dass Steuern vor allem dazu da sind, bis zur Unkenntlichkeit gekürzt zu werden. Und dass die Privatisierung des öffentlichen Lebens – inklusive der Katastrophenhilfe wie Mitt Romney im vergangenen Jahr gesagt hat – sinnvoll wäre. Das Resultat jener staatlichen Sanierungen in meinem Stadtteil ist, dass ich heute verschont bleibe, während rundum bei jedem Sturm die Klima-Anlagen im Hochsommer und die Heizungen im Winter zu hunderttausenden versagen.

Bezeichnenderweise ist die völlig veraltete Infrastruktur, die nur von einem zu Großinvestitionen bereiten Staat modernisiert werden könnte, jetzt kein Thema.

Sandy ist ein Alarmruf. Aber nur kleine Gruppen von UmweltschützerInnen wie 350  und kleine TV-Sender wie Democracy Now sprechen von «Klimaveränderung». In den großen TV-Sendern kommt das Stichwort kaum vor. Und bei den Debatten von Präsident Obama und Governor Mitt Romney war es ein totales Tabu. Statt über diese größte Bedrohung für die Sicherheit der Menschen – auch in den USA – zu sprechen, haben sie bei ihren Debatten darum gewetteifert, wer am schnellsten die Energieunabhängigkeit der USA erreicht: Mit noch mehr Öl-, mit noch mehr Gas, mit noch mehr Kohleförderung und mit mehr Atomenergie.

Dass Sandy den Wahlausgang beeinflussen wird, ist dennoch unwahrscheinlich. Erstens haben jene, die überhaupt wählen gehen wollen, ihre Entscheidung längst gefällt. Zweitens wissen jene, die noch immer überlegen, ob sie wählen sollen, längst, wen sie wählen werden, falls sie sich doch noch breit schlagen lassen, zur Urne zu gehen. Und drittens gibt es in diesem öl-süchtigen Land nur eine winzige Minderheit von Menschen, die bereit ist, sich ihr Leben mit Gedanken über das Klima zu komplizieren.

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