Ungarn hat seine Gaslieferungen an das Nachbarland Ukraine überraschend am Donnerstagabend für unbestimmte Zeit unterbrochen. Der staatliche Pipeline-Betreiber FGSZ und die Regierung erklärten, dies sei notwendig, weil der Gasbedarf in Ungarn steige.
Die Regierung in Budapest begründete den Schritt am Freitag damit, dass die ungarischen Gasreserven aufgestockt werden sollten. Zudem kündigte Ministerpräsident Viktor Orban an, künftig mehr Erdgas aus Russland zu kaufen. Man habe mit dem Staatskonzern Gazprom eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.
Ungarn importiert etwa 80 Prozent seines Gasbedarfs aus Russland, über eine Pipeline, die durch die Ukraine führt. Seit März 2013 liefert Ungarn über eine separate Leitung täglich 16,8 Millionen Kubikmeter Gas an die Ukraine.
Kiew verärgert über Lieferstopp
Der ukrainische Versorger Naftogaz kritisierte die «unerwartete und unerklärliche» Entscheidung: Ungarn müsse «vertragliche Verpflichtungen und die Gesetzgebung der Europäischen Union befolgen».
Russland hatte Mitte Juni seine Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt. Vorausgegangen war eine Weigerung Kiews, höhere Preise zu akzeptieren. Die Ukraine erhält seither Gas aus der EU, was Russland wiederum kritisiert.
Der konservativen ungarischen Regierung wird von Kritikern vorgehalten, im Ukraine-Konflikt zur russischen Sicht der Dinge zu tendieren. Regierungschef Orban hatte wenige Stunden vor der FGSZ-Entscheidung den Chef des russischen Gasriesen Alexej Miller in Budapest getroffen.
Russland und Ukraine im Gasstreit bei Eckpunkten einig
Der Gasstreit könnte auch Folgen für Lieferungen in die EU haben, weil ein Grossteil der gelieferten russischen Energie über die Ukraine geleitet wird. Am Freitag setzten Russland und die Ukraine ihre Bemühungen fort, unter EU-Vermittlung den Gasstreit beizulegen.
Es seien Eckpunkte erarbeitet worden, um die Gasversorgung Europas für den Winter zu sichern, teilte EU-Energiekommissar Günther Oettinger nach Verhandlungen mit beiden Seiten am Freitag in Berlin mit. Diese Lösung müsse aber noch von den Regierungen in Moskau und Kiew gebilligt werden.