Ungarn und Trainer Bernd Storck sind nach dem klaren Aus im EM-Achtelfinal gegen Belgien nur kurz enttäuscht. Sie blicken bereits voraus – und haben unter anderem die Schweiz im Visier.
Je länger die 0:4-Klatsche zurücklag, desto entspannter wirkte Storck. Als der Bus der ungarischen Mannschaft die Fussball-EM verliess, sass der deutsche Trainer in der ersten Reihe mit Blick auf sein Handy. Die fröhlichen Fans, die trotz der Lehrstunde winkten und Fahnen schwenkten, nahm er gar nicht mehr wahr. Stork schien mit seinen Gedanken schon viel weiter.
Er will weitermachen. Obwohl er sich mit seinem ersten EM-Engagement auch für grössere Aufgaben interessant gemacht hat. Der in der Bundesliga nur als Co-Trainer von Jürgen Röber bekannte Coach plant schon weiter und fordert eine «Professionalisierung» des ungarischen Club-Fussballs: «Wir haben mit der Nationalmannschaft ein gutes Beispiel gegeben.»
Die Enttäuschung war bei Storck schnell gewichen. «Das Team hat die Vergangenheit abgelegt», stellte er in Anspielung auf die grosse Zeit des ungarischen Fussballs in den Fünfzigerjahren fest.
Die Budapester Zeitung «Pecsi Ujsag» titelte am Montag: «Es war schön, Jungs!» Und das regierungsnahe Blatt «Magyar Idök» schrieb: «Trotz der Niederlage können wir erhobenen Hauptes von der EM nach Hause kommen.» Ein ungarischer Journalist schwärmte in Toulouse sogar über Storck: «Er ist unser Nationalheld. Ohne ihn wären wir ein Niemand.»
Der Coach, der in der neuen Ära der Konzepttrainer ein wenig aus Zeit gefallen wirkt, hat in der Tat Unerwartetes erreicht. Er hat mit einfachen Fussballmitteln und -weisheiten eine Ansammlung von international unbekannten und in der Bundesliga unerwünschten Spielern zunächst zur EM und dann in Frankreich ungeschlagen in die Achtelfinals geführt. «Es hat nicht sollen sein», beschrieb Storck mit westfälischen Akzent das Ende des französischen Traums: «Mit dem 2:0 für Belgien war die Messe gelesen.»
Neue Möglichkeiten durch die EM
Gemeinsam mit Assistent Andreas Möller und Goalietrainer Holger Gehrke hat Storck die auch daheim bisher eher belächelten Spieler zu einer Mannschaft geformt. Individuell reicht es bei keinem für ein Engagement bei einem europäischen Topklub, nur als Gemeinschaft geht mehr. Im Vergleich zu Belgiens Hochbegabten wurde das besonders eklatant. Dennoch dürften sich die jüngeren Spieler im Kader für neue Vereine interessant gemacht haben.
Der 40-jährige Torwart-Oldie Gabor Kiraly verhinderte mit zahlreichen Glanztaten Schlimmeres und sagte danach unter Tränen im ungarischen Fernsehen: «Es ist trotzdem ein sehr positives Resultat für den ungarischen Fussball.» Der ehemalige Bundesliga-Keeper, der auf seine alten Tage erstmals zu einer EM fahren durfte, befand: «Alle haben hinter uns gestanden.» Auch Kiraly forderte: «Wir müssen so weiter machen.»
Erstes Heimspiel gegen die Schweiz
Storck hat ungeachtet der herben Niederlage gegen Belgien noch einiges vor. «Wir können jetzt gut in die Zukunft schauen», sagte der 53-Jährige. Die WM-Qualifikation sei «das nächstes Ziel. Mit dieser Mannschaft kann man noch viel erreichen.» In einer Gruppe mit Portugal und der Schweiz als Top-Gegner scheint das nicht unmöglich. Auf die Schweiz trifft Ungarn am 7. Oktober im ersten Heimspiel der Kampagne.