Der Prozess gegen den früheren bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic ist mit den Schlussplädoyers in die letzte Phase getreten. Die Anklage des UNO-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien sieht jegliche Zweifel an der Schuld für ausgeräumt.
Der 69-jährige Karadzic steht wegen Mordes, Folter und Verfolgung vor dem UNO-Gericht. Karadzic sei der Drahtzieher der schlimmsten Verbrechen im Bosnienkrieg von 1992 bis 1995, erklärte der Ankläger Alan Tieger bei seinem Schlussplädoyer am Montag in Den Haag. Die Anklage will die lebenslange Haftstrafe beantragen.
Hunderte Zeugen und fast 50’000 Seiten Prozessakten bewiesen, dass der 69 Jahre alte Angeklagte seinen Plan eines rein serbischen Staates bedingungslos durchsetzen wollte, erklärte Tieger. «Die ganze Gewalt der ethnischen Säuberung liegt hier nun offen mit Dr. Karadzic als treibende Kraft.»
Völkermord von Srebrenica
Im Zentrum des seit 2009 laufenden Prozesses steht der Völkermord von Srebrenica 1995. Damals hatten serbische Einheiten unter Ex-General Ratko Mladic die damalige UNO-Schutzzone überrannt und etwa 8000 muslimische Knaben und Männer ermordet. Auch Mladic wird vor dem UNO-Tribunal der Prozess gemacht.
Der frühere Serbenführer muss sich auch für Kriegsverbrechen während der Belagerung von Sarajevo 1992 bis 1995 und für Mord, Folter und Misshandlungen in Gefangenenlagern verantworten. Der Angeklagte folgte den Ausführungen konzentriert und zeigte äusserlich keine Regung, als der Ankläger Schicksale einzelner Opfer schilderte. «Für jede einzelne Tragödie ist er verantwortlich», sagte Tieger.
Der ehemalige Psychiater und Dichter, der sich vor den UNO-Richtern selbst verteidigt, beteuert seine Unschuld. Er begründete Gewalttaten mit dem damals herrschenden Kriegszustand. Ein Urteil wird erst Ende kommenden Jahres erwartet.