Alle Konfliktgegner im syrischen Bürgerkrieg morden, foltern und richten Menschen willkürlich hin, doch die mit Abstand schlimmsten und meisten Bluttaten begeht nach Überzeugung von Ermittlern das Assad-Regime. Das erklärte am Mittwoch die vom UNO-Menschenrechtsrat berufene Expertenkommission für Syrien.
Offenbar auf Anordnung von „höchster Stelle“ in Armee, Sicherheitsdienst und Staat würden Regierungstruppen und die mit ihnen verbündeten Schabiha-Milizen zielgerichtet Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen. Systematisch werde dabei das humanitäre Völkerrecht mit Füssen getreten.
Das Gremium, das vom brasilianischen Politikwissenschaftler Sergio Pinheiro geleitet wurde, legte dem Rat in Genf seinen 102 Seiten umfassenden Bericht zur Entwicklung in Syrien seit Ausbruch des bewaffneten Konflikts vor.
Darin kommen die Experten auch zu dem Schluss, Regierungstruppen und Schabiha-Banden seien für das Massaker in der Region Hula am 25. Mai mit mehr als 100 Toten verantwortlich – fast die Hälfte der Opfer waren Kinder. Bisher hatten die Ermittler nur erklärt, es gebe Verdachtsmomente.
Vorwürfe auch gegen Rebellen
Insgesamt habe sich die Menschenrechtssituation in Syrien in Folge des seit Februar 2012 immer weiter eskalierenden Bürgerkrieges dramatisch verschlechtert, stellt der Bericht fest. Die blutigen Kämpfe hätten sich auf immer weitere Teile des Landes ausgedehnt.
Die dabei vor allem Regierungstruppen begangenen Kriegsverbrechen umfassten immer wieder willkürliche und mit schweren Waffen ausgeführte Angriffe auf die Zivilbevölkerung in Städten und Dörfern. Zudem würden Regierungskämpfer immer wieder Sexualverbrechen begehen.
Die Kommission weist aber klar darauf hin, dass Kriegsverbrechen – darunter Morde, willkürliche Tötungen und Folter – auch von Rebellen begangen würden. „Diese Verletzungen und Missbrauchsfälle waren allerdings nicht derart schwer, anhaltend und umfangreich wie jene, die von den Regierungskräften und der Schabiha begangen wurden.“
Aufruf an UNO-Sicherheitsrat
In Hinblick auf die Uneinigkeit im UNO-Sicherheitsrat, wo Russland und China Resolutionen gegen das Assad-Regime verhinderten, betonen die Ermittler die Notwendigkeit eines gemeinsamen internationalen Vorgehens. Nur so könne das Blutvergiessen in Syrien gestoppt und ein politischer Übergangsprozess eingeleitet werden. Auch empfehlen die Experten die Aufnahme von Verhandlungen aller beteiligter Parteien.
Die im September 2011 gebildete Kommission stützt ihre Einschätzungen und Schlussfolgerungen auf mehr als 1000 Befragungen von Zeugen und Betroffenen in Nachbarländern Syriens sowie von Genf aus. Sie beklagte zugleich, dass die Regierung in Damaskus ihr keine Möglichkeiten zu Untersuchungen in den Konfliktzonen gegeben habe. Dies habe die Ermittlungen stark behindert.