In der Schweiz könnten Waren künftig in einem unterirdischen Tunnelsystem transportiert werden. Der Bundesrat ist bereit, das privatwirtschaftliche Projekt «Cargo sous terrain» mit einem Gesetz zu unterstützen. Eine finanzielle Beteiligung des Bundes schliesst er aus.
Das Projekt «Cargo sous terrain» (CST) ist ein Projekt von Unternehmen des Detailhandels, der Logistik und weiterer Branchen. Es sieht ein unterirdisches Transportsystem für Güter vor, das die heutigen Gütertransport- und Logistiksysteme entlasten und ergänzen soll.
Der Bund hat die möglichen Auswirkungen auf Verkehr, Volkswirtschaft und Umwelt untersuchen lassen. Auf Basis der Studie kam der Bundesrat zum Schluss, dass die Allgemeinheit einen «leicht positiven Nutzen» aus dem Projekt ziehen könnte, wie das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) in einer Mitteilung vom Donnerstag schreibt.
Cargo sous terrain verbindet Industrieund Logistikzentren mit den Städten durch einen unterirdischen Tunnel. (Bild: www.cargosousterrain.ch)
Deshalb hat er sich bereit erklärt, das Projekt mit einem Spezialgesetz zu unterstützen. Das Gesetz würde es erleichtern, die Planungs- und Bewilligungsphase voranzutreiben, schreibt das UVEK. Anstelle von kantonalen und kommunalen Vorschriften käme für den Bau eine einheitliche Rechtsgrundlage zur Anwendung.
Bedingungen des Bundes
Der Bundesrat knüpft diese Unterstützung aber an Bedingungen. Er verlangt, dass der Förderverein CST in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird. Dieser Schritt ist für das kommende Jahr geplant. Die Träger sollen zudem finanzielle Mittel in der Höhe von mindestens 100 Millionen Franken zusichern, die zu mindestens 50 Prozent von Schweizer Investoren eingebracht werden.
Zudem müssen die zukünftigen Betreiber verbindliche Verpflichtungen abgeben, namentlich zur Reorganisation der Logistik- und Transportkette in den betroffenen Gebieten. Weiter müssen sich die Kantone Zürich, Aargau und Solothurn, die von der ersten Teilstrecke betroffen wären, einverstanden erklären. Der Zugang zum System CST soll diskriminierungsfrei gewährt werden.
Kosten von 33 Milliarden Franken
Der Förderverein CST plant, die erste Teilstrecke von Härkingen-Niederbipp bis Zürich im Jahr 2030 in Betrieb zu nehmen. Danach soll CST bis etwa 2045 stufenweise zu einem gesamtschweizerischen Netz ausgebaut werden, in dem sich Güter von Genf bis St. Gallen und von Basel bis Luzern transportieren lassen.
Für die Planung sieht das Konzept des Fördervereins 100 Millionen Franken vor. Die Kosten für die erste Etappe betragen 3,4 Milliarden Franken, jene für das gesamte System belaufen sich auf 33 Milliarden Franken. Mit jedem weiteren Ausbau des Netzes stiegen die Rentabilität und der Nutzen, hält der Verein fest. Die Machbarkeitsstudie habe gezeigt, dass das System selbsttragend realisierbar sei. Betriebswirtschaftlich seien interessante Renditen zu erzielen.
Selbstfahrende Fahrzeuge
Vorgesehen ist ein dreispuriger Tunnel, der rund um die Uhr in Betrieb ist. An den Zugangspunkten (Hubs) könnten Güter vollautomatisch über Schächte mit Liften ins System eingespeist oder diesem entnommen werden.
Im Tunnel würden selbstfahrende Fahrzeuge auf Rädern verkehren, jedes mit eigenem elektrischem Antrieb über eine Induktionsschiene, mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 30 Kilometern pro Stunde. Für den schnellen Transport von Kleingütern wie Büchern und Medikamenten würde das System im oberen Tunnelbereich über eine Behälterhängebahn verfügen, die mit doppelter Geschwindigkeit liefe.
Entlastung von Strasse und Schiene?
Die Machbarkeitsstudie habe gezeigt, dass CST eine Antwort auf die zunehmenden Engpässe auf Strasse und Schiene biete, schreibt der Förderverein. Pro transportierte Tonne Güter würde der CO2-Ausstoss um bis zu 80 Prozent sinken, der Lärm würde um 50 Prozent reduziert, der Verkehrsfluss in den Städten würde sich wesentlich verbessern. CST mache die bestehenden Logistiksysteme effizienter, flexibler, umweltfreundlicher und zuverlässiger.
Die erste Teilstecke von Cargo sous terrain kann im Jahr 2030 in Betrieb gehen. (Bild: www.cargosousterrain.ch)
Die Studie im Auftrag des Bundes bewertet den Nutzen deutlich zurückhaltender. Am konkretesten seien die positiven Auswirkungen für die Logistikbranche, halten die Autoren fest. Ein funktionierendes CST-System könnte diese revolutionieren. Volkswirtschaftlich betrachtet stehe eine Steigerung der Standortattraktivität im Zentrum.
Nutzen für die Umwelt gering
Die Bilanz für die öffentliche Hand und die Allgemeinheit ist laut der Studie dann positiv, wenn signifikante Entlastungseffekte entstehen. Die Autoren der Bundesstudie gehen jedoch von einer Entlastung der Strassen in den Spitzenstunden von maximal 10 Prozent aus. Die Auswirkungen auf den Schienenverkehr wären eher gering. Denkbar wären zudem Ertragseinbussen, wenn vor allem niederwertige Massengüter auf der Schiene verblieben.
Die Umweltbilanz von CST ist gemäss der Studie insgesamt dann positiv, wenn das prognostizierte Verkehrspotenzial tatsächlich umgesetzt werden kann und für den zusätzlichen Stromverbrauch Umweltzertifikate gelöst werden. Mit herkömmlichem Strom würde das System etwa gleich gut abschneiden wie das System Strasse/Schiene.