Eine Passagiermaschine der Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord ist über der Ukraine abgestürzt. Nach westlichen Erkenntnissen wurde sie wohl abgeschossen. Wer verantwortlich ist – prorussische Kämpfer oder Truppen der Ukraine – bleibt offen.
Niemand der 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder überlebte den Absturz. Von den Opfern kamen 154 aus den Niederlanden. An Bord waren auch 27 Australier, 23 Malaysier, 11 Indonesier, 6 Briten, 4 Belgier, 4 Deutsche, 3 Philippiner und ein Kanadier, wie der Vizepräsident der Malaysia Airlines Europe, Huib Gorter, am Abend am Amsterdamer Flughafen Schiphol sagte.
Von den anderen Passagieren stehe die Nationalität noch nicht fest, hiess es weiter. Dem Eidgenössischen Aussendepartement (EDA) lagen bis am Abend keine Angaben über Schweizer Opfer vor.
Die Maschine war als Flug MH 017 um 12.15 Uhr von Amsterdam mit dem Ziel Kuala Lumpur gestartet. Nach Angaben des malaysischen Regierungschefs sandte das Flugzeug keinen Notruf ab. Mehrere Fluggesellschaften – darunter Swiss und Lufthansa – reagierten umgehend auf das Unglück und änderten ihre Flugrouten nach Asien.
Biden: «Kein Unfall»
US-Vizepräsident Joe Biden sprach von einem Abschuss der Maschine. Der Absturz sei «kein Unfall», die Maschine sei «vom Himmel geholt worden», sagte Biden in Detroit. Das entspricht der Einschätzung des US-Geheimdienstes, der von einem Raketenbeschuss ausgeht. Die «Washington Post» zitierte einen namentlich nicht genannten Geheimdienstbeamten.
Ukraines Präsident Poroschenko sprach von einem «terroristischen Akt». Er warf den Separatisten vor, die Boeing abgeschossen zu haben – wie zuletzt mehrere ukrainische Militärflugzeuge. Die ukrainische Luftwaffe habe mit der Tragödie nichts zu tun, sagte der Präsident.
Die Separatisten beriefen sich ihrerseits auf angebliche Augenzeugenberichte, denen zufolge ein Kampfjet der ukrainischen Luftwaffe die Boeing 777 angegriffen habe.
Russlands Präsident Wladimir Putin gab der Ukraine die Verantwortung. Die schreckliche Tragödie wäre nicht passiert, wenn es in der Ostukraine keinen Krieg gebe, sagte er am späten Donnerstagabend bei Moskau. «Diese Tragödie wäre nicht passiert, (…) wenn nicht die Kampfhandlungen im Südosten der Ukraine wieder aufgenommen worden wären.»
Internationale Untersuchung gefordert
Rettungskräfte erreichten am Abend das Wrack des Flugzeugs in der Nähe der Ortschaft Grabowo. Dort bot sich ein Bild des Grauens aus weit verstreuten Leichen- und Trümmerteilen. «Die Arbeiten werden davon erschwert, dass die Trümmer in grossem Umkreis verstreut sind», sagte der Sprecher des ukrainischen Notfalldienstes, Sergej Botschkowski. Zudem seien bewaffnete Separatisten in der Nähe.
Die Separatisten gaben an, sie hätten den Flugschreiber der Boeing gefunden. «Die Black Box wurde sichergestellt», sagte einer der Sprecher, Konstantin Knyrik.
Auch Experten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) machten sich auf den Weg zum Wrack. Die Separatisten boten am Abend eine befristete Feuerpause während der Bergungsarbeiten an.
Die Europäische Union und die NATO verlangten von den Konfliktparteien in der Ostukraine, dass diese internationalen Ermittlern Zugang zur Absturzstelle geben müssten.
Von Abschuss einer Transportmaschine berichtet
Die Separatisten hatten zuletzt mehrfach zugegeben, ukrainische Kampfjets, Transportmaschinen und mehrere Hubschrauber abgeschossen zu haben. Nach unbestätigten Twitter-Berichten haben die Separatisten behauptet, ein Buk-Flugabwehrsystem im Verlauf der Kämpfe erbeutet zu haben.
Das in den 80er-Jahren von sowjetischen Militärs entwickelte Lenkwaffen-System Buk (Buche) kann Ziele in Höhen bis zu 25 000 Metern treffen.
Separatistenführer Igor Strelkow schrieb auf der Facebook-Seite der «Volksrepublik Donezk», dass seine Gefolgsleute eine Transportmaschine des ukrainischen Militärs vom Typ AN-26 abgeschossen hätten. Von ihm veröffentlichte Videoaufnahmen ähnelten jedoch den Bildern vom Absturzort der Boeing 777. Auch der von Strelkow genannte Absturzort liegt in derselben Gegend.