Velo-Verkehr: Jetzt ist das Baselbiet gefordert

Die Region schrumpft: Das E-Bike macht Liestal-Basel zur Velodistanz. Ein umspannendes Radnetz fehlt aber, dabei wäre es für alle ein Gewinn, schreibt Bálint Csontos, Vorstandsmitglied des Jungen Grünen Bündnisses Nordwest: «Weniger Autos, weniger Stau, weniger Bedarf nach Strassen». Mit dem Teilrichtplan Velo hat die Basler Regierung die neueste Auflage eines wichtigen Planungsinstrumentes verabschiedet. Der Richtplan […]

Cyclists on Langstrasse, pictured in Zurich, Switzerland, on May 6, 2014. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Die Region schrumpft: Das E-Bike macht Liestal-Basel zur Velodistanz. Ein umspannendes Radnetz fehlt aber, dabei wäre es für alle ein Gewinn, schreibt Bálint Csontos, Vorstandsmitglied des Jungen Grünen Bündnisses Nordwest: «Weniger Autos, weniger Stau, weniger Bedarf nach Strassen».

Mit dem Teilrichtplan Velo hat die Basler Regierung die neueste Auflage eines wichtigen Planungsinstrumentes verabschiedet. Der Richtplan ist zwar gemessen am Anspruch einer «Velostadt Basel» ziemlich genügsam, und wird sicher nicht den grossen Schritt in Richtung nachhaltige Mobilität bringen.

Dennoch bringt er einige Verbesserungen und baut den ohnehin schon riesigen Vorsprung Basels in Sachen Veloförderung gegenüber dem Landkanton weiter aus. Man scheint in der Stadt endlich erkannt zu haben, dass ein Velofahrer der Volkswirtschaft schlicht mehr bringt, als ein Autofahrer.

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Ganz anders präsentiert sich die Lage in den Tälern des Baselbiets: Es existieren zwar nicht wenige mehr oder minder schöne Velorouten, die zum Teil dem nationalen und zum Teil dem kantonalen Netz zugerechnet werden (eine Übersicht der Radrouten). Hinter diesen unterschiedlichen Benennungen steht die Idee einer Trennung von Tourismus- und Alltagsrouten.

Die nationalen Streckenabschnitte gehören zu einem die ganze Schweiz umspannenden Netz für Touren- und Sonntagsfahrer, die die Schönheit der Schweiz erkunden wollen. Das kantonale Netz ist kleinräumig gedacht und stellt Verbindungen zwischen den Siedlungen her. Nun sind aber die meisten kantonalen Velowege von den touristischen Routen nicht zu unterscheiden.

Mit dem E-Bike schrumpfen sogar Strecken wie Liestal-Basel immer mehr auf Velodistanz.

Sie präsentieren sich oft genauso schön wie die nationalen Ausflugsrouten und fördern leider auch den Velo-Pendlerverkehr nicht stärker als diese. Natürlich stellt jeder neue Veloweg ein Mehrwert dar. Effiziente Investitionen sehen aber anders aus. Denn solange kein Netz aus schnellen und sicheren Direktverbindungen zwischen Zentren wie Liestal und Sissach besteht, wird durch solche Massnahmen niemand aufs Velo umsteigen.

Dabei läge in der Forcierung des Pendelns mit dem Velo ein riesiges Potential, gerade mit dem E-Bike schrumpfen sogar Strecken wie Liestal-Basel immer mehr auf Velodistanz. Solange aber Velowege nur dort gebaut werden, wo man dafür die Autofahrer nicht einschränken muss, bleibt diese Chance ungenützt, und das ökologische, gesunde und platzsparende Velo fristet länger ein Mauerblümchendasein.

Was es im Baselbiet jetzt zuallererst braucht, ist die Erkenntnis, dass man auf das Fahrrad als wichtiger Verkehrsträger setzen kann und ihm sogar oberste Priorität geben sollte. Denn erst wenn das Fahrrad nicht mehr als blosses Vergnügungs- und Sportinstrument gesehen wird, werden Massnahmen zur Förderung desselben auch im Parlament und nicht nur in der Bevölkerung mehrheitsfähig.

Die Möglichkeiten des Velos als Pendlerfahrzeug aufzuzeigen, ist denn auch Aufgabe der Politiker, denn im Alltag haben schon viele erkannt, wie unsinnig es oft ist, mit dem Auto zu pendeln, und würden noch so gerne umsteigen, wenn nur die Infrastruktur dazu vorhanden wäre.

Gefordert ist also zuallererst auch die Direktion von Baudirektorin Sabine Pegoraro, die hier zwei Fliegen mit einem Schlag treffen könnte: Wenn mehr Leute Fahrrad fahren, benützen weniger das Auto, es gibt weniger Stau, und weniger teure neue Strassen sind nötig. Gerade ein Kanton in einer finanziellen Notlage wie das Baselbiet hätte schon lange voll aufs Velo setzen sollen, denn Velomassnahmen sind wohl um ein vielfaches billiger als ganze neue Strassen zu bauen.

Wenn mehr Leute Fahrrad fahren, benützen weniger das Auto, es gibt weniger Stau, und weniger teure neue Strassen sind nötig.

Konkret braucht es im Baselbiet also einen Richtplan Velo, dessen Inhalt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen lässt: Wir bauen ein Pendler-Velonetz auf, das auf schnellen, sicheren und direkten Wegen (d.h. auf Hauptstrassen) die Zentren und wichtigen Ziele verbindet. Durch die Bereitstellung von Veloparkanlagen fördern wir die Kombination von Zug und Velo.

Arbeitgeber werden verpflichtet, Veloparkplätze und Duschen bereitzustellen, der Kanton geht mit guten Beispiel voran. Zuallererst auf den stark frequentierten Hauptrouten entschärfen wir Gefahrenstellen, schaffen wir Platz fürs Velo, führen Massnahmen wie die grüne Welle für Fahrräder oder Rechtsabbiegen bei Rot ein, Projekte in diesem Zusammenhang werden dem motorisierten Verkehr gegenüber prioritär behandelt. Durch vorbildliche Markierung und Bewerbung machen wir das neue Pendlernetz bekannt, und es wird bei jedem neuen Strassenbau integral eine Velostrecke gebaut, um die Attraktivität des Netzes laufend zu steigern. Zuletzt brauchen wir ambitionierte, messbare Ziele.

Dieses Rezept ist keine bahnbrechende Neuerfindung von mir, sondern es ist schon lange bekannt. Ebenso weiss man längstens, dass hohe Velo-Quoten realistisch und gut für die Volkswirtschaft sind. Was fehlt ist einzig und allein der Wille von Regierung und Parlament, die offenbar immer noch einer veralteten Autobahn-Romantik verhaftet sind, und das ist, mit Verlaub, angesichts der Herausforderungen unserer Zeit unverständlich.

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