Die geplante Werbeallianz von SRG, Swisscom und Ringier gefährdet nach Ansicht der Verleger die Medienvielfalt in der Schweiz. Die Verlagshäuser fordern daher einen Marschhalt. Alternative Modelle seien zu prüfen.
Die drei Partner SRG, Swisscom und Ringier hatten im August 2015 angekündigt, ihre Werbung in Print, Online, TV und Radio künftig in einer gemeinsamen Firma vermarkten zu wollen. Dank der Swisscom wird die neue Allianz TV-Werbung einführen können, die auf Zielgruppen zugeschnitten ist. Der Verlegerverband wehrt sich vehement dagegen.
Alle Karten gehören auf den Tisch
Bis heute habe die Werbeallianz wesentliche Elemente des Joint Ventures, namentlich den Zugang zu den Nutzerdaten, nicht offengelegt, sagte Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument am Dienstag vor den Medien in Zürich.
Um ihre Bedenken breit abzustützen, haben die Verleger das Oltener Forschungsinstitut Polynomics mit einer Studie beauftragt. Laut dieser Studie besteht die akute Gefahr, dass die Allianz zu einer Verzerrung des Wettbewerbs im Werbemarkt führt.
Pietro Supino, Vizepräsident des Verbandes Schweizer Medien, ging noch einen Schritt weiter. «Diesen medien- und ordnungspolitischen Sündenfall dürfen wir nicht hinnehmen.» Es handle sich bei der Werbeallianz um eine neue Form der Kommerzialisierung, die nicht vom Radio- und Fernsehgesetz abgestützt sei.
SRG und Swisscom im Visier
Aus betriebswirtschaftlicher Optik ergebe die Werbeallianz Sinn, heisst es in der Studie von Polynomics, die sich auf Befragungen von rund 30 Experten aus dem In- und Ausland abstützt. Die Kritik richte sich daher nicht gegen das Joint Venture, sondern gegen die Teilnahme der SRG und der Swisscom.
Die staatsnahen Unternehmen Swisscom und die SRG drängten in Märkte, wo der Wettbewerb spiele. Da sie bei der Finanzierung Vorteile hätten, benachteiligten sie private Unternehmen. Die Studie kommt zum Schluss, dass vor allem die SRG mit Blick auf den Service public in einen verschärften Zielkonflikt gerät.
Wertvoller Datenschatz
Auf Zielgruppen zugeschnittene Werbung sei nur möglich über individuelle Nutzerdaten. Über einen solchen Datenschatz verfügten nur jene Unternehmen, die den Konsumenten digitale Internet- und TV-Dienste in die Stube, auf das Smartphone, auf das Tablet oder auf den Computer lieferten. Es stelle sich die Frage, wer diese Daten verwenden dürfe.
Für öffentliche Unternehmen falle die Antwort anders aus als für private Firmen. Die Meinung der Bevölkerung sei grundsätzlich, dass Service-public-Unternehmen solche Daten nicht für Werbezwecke einsetzen sollten. Die Studie sieht in erster Linie die Politik in der Pflicht, die medien- und ordnungspolitischen Fragen zu klären.
Suche nach Alternativen
Der Verlegerverband schlägt vor, alternative Modelle zu prüfen. So sollten alle Nutzer- und Nutzungsdaten, die für die Werbung relevant seien, allen Medien kostendeckend und ohne Diskriminierung zur Verfügung gestellt werden. Organisatorisch könnte dies über eine gemeinsame neutrale Stelle, einen Verein oder eine Genossenschaft geschehen, der alle interessierten Medien beitreten könnten.
«Gespräche über Alternativen sind zwingend. Die Schweizer Verleger sind zur Zusammenarbeit bereit. Es braucht nun einen Marschhalt, bevor die geplante Werbeallianz Fakten schafft und damit die Medienvielfalt gefährdet», sagte Lebrument.
Bundesrat hat das letzte Wort
Er glaube nicht, dass der Bundesrat die Werbeallianz einfach so durchwinke. Medienministerin Doris Leuthard habe ihm zugesichert, dass das Joint Venture derzeit auf Eis liege. Bis Ende März will das Bundesamt für Kommunikation seinen Bericht vorlegen. Die Wettbewerbskommission hatte zuvor keine Bedenken geäussert.
Supino zeigte sich entschlossen, sämtliche mögliche Rechtsmittel zu ergreifen, sollte die Werbeallianz das Plazet der Behörden erhalten. Die SRG und Ringier äusserten sich auf Anfrage weder zu den Aussagen des Verlegerverbandes noch zum Inhalt der Polynomics-Studie.