Vertiefte Kluft zwischen Palästinensern löst Regierungskrise aus

Die Einheitsregierung der Palästinenser hat am Mittwoch ihren Rücktritt eingereicht. Ministerpräsident Rami Hamdallah soll aber im Amt bleiben.

Premierminister Rami Hamdallah bleibt im Amt (Archiv) (Bild: sda)

Die Einheitsregierung der Palästinenser hat am Mittwoch ihren Rücktritt eingereicht. Ministerpräsident Rami Hamdallah soll aber im Amt bleiben.

Hamdallah sei nach dem Rücktritt des Kabinetts umgehend von Präsident Mahmud Abbas mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt worden, teilte Präsidentenberater Nimr Hamad in Ramallah mit. Das Auseinanderdriften von Westjordanland und Gazastreifen sowie separate Kontakte der Hamas zu Israel hatten die Krise ausgelöst.

Hamdallah werde nun zum Zweck der neuen Regierungsbildung umgehend Beratungen mit allen politischen Strömungen der Palästinenser aufnehmen, erklärte Hamad. Dies schliesse Gespräche mit der radikalislamischen Hamas ein, die den Gazastreifen kontrolliert und Hauptrivale der säkularen Fatah-Partei von Abbas ist.

Die vor einem Jahr gebildete Einheitsregierung sollte eigentlich die Gräben zwischen Hamas und Fatah überwinden, gelungen ist ihr das allerdings nicht. Im Gazastreifen konnte sie nie die Verwaltung übernehmen, weil die Hamas dort weiter die Kontrolle über die Sicherheitskräfte beanspruchte.

In einer offiziellen Stellungnahme reagierte die Hamas ablehnend auf die angekündigte Kabinettsauflösung. «Wir weisen jede einseitige Regierungsumbildung zurück, die nicht mit Zustimmung aller Parteien geschieht», erklärte Sprecher Sami Abu Suhri.

Der hochrangige Hamas-Führer Siad al-Sasa liess zugleich die Bereitschaft erkennen, in einer neuen Konsensregierung verstärkt mitzuwirken. Er appellierte an Palästinenserpräsident Abbas, statt des bisher mit Vorbedacht ausschliesslich aus Fachleuten gebildeten Kabinetts politische Minister zu berufen, «die alle nationalen und islamischen Bewegungen repräsentieren».

Indirekte Kontakte

Der Entschluss von Abbas und Hamdallah, die Regierung grundlegend neu zu formieren, dürfte auch durch die indirekten Kontakte zwischen der Hamas und Israel ausgelöst worden sein, die jetzt bekannt wurden. Dabei geht es um eine langfristige Waffenstillstandsvereinbarung für den Gazastreifen.

«Über arabische und europäische Kanäle sowie mithilfe türkischer Kontaktleute sind vertrauliche Mitteilungen zwischen Israel und der Hamas ausgetauscht worden», sagte ein mit den Vorgängen vertrauter Hamas-Vertreter am Dienstagabend der Nachrichtenagentur AFP. Es gebe einen «Ideenaustausch», sagte er.

Von Seiten der israelischen Regierung wurden diese Angaben am Mittwoch bestätigt. Die Kontakte dienen demnach dem Versuch, die Feuerpause, mit der am 26. August vergangenen Jahres der siebenwöchige Gazakrieg beendet worden war, «auf fünf bis zehn Jahre» zu verlängern.

Von Seiten der Hamas-Bewegung hiess es: «Wir haben in Gaza und in Doha (Emirat Katar) europäische Gesandte getroffen, die uns Botschaften aus Israel übermittelten.» Beteiligt seien auch Abgeordnete des EU-Parlaments und UNO-Vertreter. Es liege aber noch kein Vorschlag für ein Abkommen auf dem Tisch.

Eine der diskutierten Ideen ist nach Angaben mehrerer Quellen die Errichtung eines schwimmenden Seehafens vor der Küste des Gazastreifens, um die Enklave nach acht Jahren Isolation international anzubinden.

Separatfrieden befürchtet

Auf Anfrage bestätigte ein israelischer Regierungsvertreter die laufenden indirekten Diskussionen: «In den Kontakten, die über Ägypten und andere Akteure laufen, geht es um eine Erleichterung der Blockade und die Zufuhr von Baumaterial im Austausch für eine stabile Ruhe.»

Von Seiten der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah wird befürchtet, dass Israel einen Separatfrieden mit der Hamas anstrebt, um die Verbindungen zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen weiter zu schwächen.

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