Videokünstler fokussieren auf die Knackse im Zwischenmenschlichen

Alexandra Meyer und Chris Hunter zeigen in der Schwarzwaldallee hinreissende Videokunst. Heute Abend ist Vernissage. Ein hübsches Hochzeitspaar steht an der Wand und blickt selig lächelnd in den Ausstellungsraum der Schwarzwaldallee. Die Frau in langem seidenen Kleid, der Mann mit blauem Anzug und Ansteckrose. Sie sehen erhaben aus, ikonengleich. Fast vergisst man, dass die beiden nur […]

Alexandra Meyer und Chris Hunter zeigen in der Schwarzwaldallee hinreissende Videokunst. Heute Abend ist Vernissage.

Ein hübsches Hochzeitspaar steht an der Wand und blickt selig lächelnd in den Ausstellungsraum der Schwarzwaldallee. Die Frau in langem seidenen Kleid, der Mann mit blauem Anzug und Ansteckrose. Sie sehen erhaben aus, ikonengleich. Fast vergisst man, dass die beiden nur ein Lichtbild sind, und nur ihr gelegentliches Blinzeln verrät den Träger. Ein Hochzeitspaar als Tableau Vivant en video, als leuchtende Illusion mit trügerischem Wahrheitsanspruch.

«Hide and bite» heisst der neuste Streich aus der Schwarzwaldallee und schon der Titel der Ausstellung lässt einiges erwarten. «Ich stelle mir ein Tier vor, das in der Dunkelheit lauert und dann nach vorne schnellt und zubeisst» lacht Chris Hunter, der zusammen mit Alexandra Meyer die Ausstellung bespielt.

Zermatschtes Fundament

Der Titel ist gut gewählt: Die Videoarbeiten von Meyer und Hunter sind auf den ersten Blick zurückhaltend und harmonisch – ihre Krallen fahren sie erst nach zweitem Hinsehen aus. Wie bei «Figurine», der Arbeit mit dem Hochzeitspaar, wo erst beim zweiten Blick die zermatschte Hochzeitstorte ersichtlich wird, auf der die beiden stehen. Das gemeinsame Fundament als zertretene Cremetorte.



Der gemeinsame Horizont als trügerisches Konzept: «Discover».

Der gemeinsame Horizont als trügerisches Konzept: «Discover».

Genau diese kleinen Risse im schönen Bild sind es, die die Zusammenarbeit der beiden Künstler ausmachen. Sie spüren die Knackse im Zwischenmenschlichen auf und inszenieren sie sorgfältig versteckt und fein nuanciert. Wie bei «Discover», wo Meyer und Hunter zu sehen sind, wie sie mit einem weissen Leintuch eine Wiese abdecken. Durch die Performance schaffen sie einen «gemeinsamen Horizont» und entlarven im selben Moment dessen Künstlichkeit.

Zugegeben: Videokunst kann für Nicht-Informierte grausam sein. Bruce Nauman, der sich 40 Minuten lang Farbe auf Gesicht und Torso schmiert oder Douglas Gordons Version von Psycho, auf 24 Stunden verlangsamt – da macht auch der grösste Enthusiast nicht ohne Vorwissen mit. 

Im Zentrum das Zwischenmenschliche

Dagegen ist die Ausstellung am Voltaplatz eine Wohltat: Die Verbindung zu den Werken ist unmittelbar hergestellt, sie verfügen über eine Anziehungskraft, die in Aktion tritt, sobald man den Raum betritt. Vielleicht ist es das Zwischenmenschliche, das als Zentrum der Arbeiten den Betrachter sofort anspricht. Eine evozierte Romantik sei natürlich immer im Spiel, meint Hunter. In erster Linie gehe es den beiden aber um die Möglichkeiten künstlerischer Zusammenarbeit, um Kommunikation und letztlich um den Versuch einer Einigung. 







So auch bei «Doing by Doing»: An zwei verschiedenen Orten pfeifen die beiden Künstler, in der Art wie man im Fussballstadium pfeift – mit zwei Fingern zwischen den Lippen. Beide sind nicht besonders gut darin, sie versuchen es immer wieder, ohne auf eine gemeinsame Tonlage zu kommen. Es ist ein Annäherungsversuch, der erst im Ausstellungsraum gelingt, wo die beiden Monitore im selben Raum stehen.

Schöner (und «schön» ist ein lahmer Erklärungsversuch für Kunst, schon klar, aber wer hingeht, wird verstehen, was ich meine) kann Kommunikation zwischen zwei Menschen nicht thematisiert werden. Hingehen!

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