Viele Autos stossen deutlich mehr CO2-Ausstoss aus als angegeben

Auf Europas Strassen sind nach einer neuen Studie im vergangenen Jahr Millionen Autos mit deutlich überhöhtem Verbrauch und CO2-Ausstoss unterwegs gewesen. Die Studie stammt von der Organisation ICCT, die mithalf, den VW-Abgasskandal aufzudecken.

Wenn mehr CO2 entweicht als im Prospekt angegeben: Laut der Organisation ICCT nutzen Autohersteller die Schlupflöcher zur Verbrauchsberechnung immer besser aus. Bis zu 42 Prozent beträgt der Unterschied zwischen Angabe und Realität. (Symbolbild) (Bild: sda)

Auf Europas Strassen sind nach einer neuen Studie im vergangenen Jahr Millionen Autos mit deutlich überhöhtem Verbrauch und CO2-Ausstoss unterwegs gewesen. Die Studie stammt von der Organisation ICCT, die mithalf, den VW-Abgasskandal aufzudecken.

Die Organisation nennt in der am Donnerstag vorgelegten Analyse eine durchschnittliche Abweichung zwischen tatsächlichen Fahrwerten und offiziellen Herstellerangaben von 42 Prozent. Der ICCT startete die Zeitreihe zum Treibstoffverbrauch im Jahr 2001. Damals betrug die mittlere Abweichung aller einbezogenen Automodelle nur 9 Prozent.

«Sämtliche Datenquellen bestätigen, dass die Lücke zwischen dem von Herstellern veröffentlichten Kraftstoffverbrauch und dem tatsächlich vom Kunden festgestellten Verbrauch einen neuen Höchststand erreicht hat», erklärte ICCT-Mitglied Uwe Tietge.

Wegen der direkten Kopplung von Spritverbrauch und CO2-Emissionen könnten die betroffenen Autofahrer so auch das Klima viel mehr belastet haben als gedacht.

Schlupflöcher ausgenutzt

Die Hauptursache der «Diskrepanz» sieht ICCT-Europa-Chef Peter Mock darin, dass die Autokonzerne «immer systematischer Schlupflöcher in der bestehenden Regulierung ausnutzen». So würden zahlreiche für den Prüfstand verwendete Wagen gezielt für die Testsituation optimiert. Auf der Strasse hätten sie dann teils ganz andere Verbrauchswerte.

Nach Angaben der Wissenschaftler flossen Daten für etwa eine Million Autos in die Untersuchung ein. Trotz Unterschieden im Fahrverhalten der Besitzer habe man durch die Vielzahl der Einzelbeobachtungen damit schlüssige Ergebnisse, die einen klaren Trend für die Flotte der Neufahrzeuge anzeigten.

Pikant aus Sicht des ICCT: Spätestens nach der EU-Einigung auf verpflichtende CO2-Regeln für die Autobranche 2008 sanken die offiziellen CO2-Werte «deutlich schneller» – aber der echte Ausstoss des Treibhausgases offenbar längst nicht im selben Mass.

Luxusautos besonders betroffen

«Besonders hohe Abweichungen werden im Premium-Segment beobachtet, wo in der Realität der Kraftstoffverbrauch einiger Fahrzeugmodelle – im Durchschnitt – mehr als 50 Prozent höher liegt als vom Hersteller angegeben», kritisiert die Organisation.

Auch bei Hybridautos sei die Schere zuletzt deutlich aufgegangen. Vor allem beim Start einer neuen Modellgeneration sei der Anstieg oft sprunghaft. «In der Folge sind die erzielten CO2-Reduktionen seit 2001 in der Realität nur etwa halb so hoch wie anhand der Zertifizierungswerte zu erwarten.»

Für ihre Analyse griffen die Autoren der Studie auf Angaben privater Autonutzer bei spezialisierten Verbrauchs-Webseiten, Tankdaten von Leasingfirmen, Strassentests von Fachzeitschriften und Messungen von Autoclubs zurück. Nie sei die «Kluft zwischen offiziellem und tatsächlichem Verbrauch» so gross gewesen, schreiben sie.

Neuer Fokus

Tests des ICCT und der West Virginia University zur Emission von Stickoxiden bei Dieselautos in den USA hatten dazu geführt, dass die dortigen Behörden auf die Manipulationen von VW aufmerksam wurden.

Die im September 2015 ausgebrochene «Dieselgate»-Affäre rückte eine ganze Branche ins Zwielicht. Bei VW führte sie zu Milliardenrücklagen für Strafen und Rechtskosten, der Konzern stürzte in eine Krise. Bisher drehte sich der Skandal allerdings vorrangig um gesundheitsschädliche Stickoxide (NOx) – nicht um das Klimagas CO2.

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