Im Kanton Aargau zahlen vier Unternehmen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie den ungelernten Angestellten tiefe Löhne. Diese Unternehmen müssen nun ihre Lohnpolitik einer Kommission aus Vertretern des Staates sowie der Arbeitgeber und Arbeitnehmer erörtern.
Die betroffenen Unternehmen bezahlen ungelernten Angestellten einen Bruttostundenlohn von weniger als 23,43 Franken, wie das kantonale Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) am Mittwoch mitteilte. Damit würden die Löhne «relativ deutlich» unter dem orts- und branchenüblichen Mittelwert liegen.
Im Durchschnitt verdienen ungelernte Angestellte bei den industriellen Lebensmittel- und Getränkeherstellern im Aargau einen Stundenlohn von brutto 27,13 Franken. Die Zuschläge für den allfälligen 13. Monatslohn sowie für die bezahlten Feiertage und Ferien sind dabei eingerechnet.
Dieser Durchschnitt stützt sich auf eine Umfrage bei 21 Unternehmen mit insgesamt 386 erfassten Löhnen. Die Tripartite Kommission für den Vollzug der flankierenden Massnahmen und des Arbeitslosenversicherungsrechts (TPK) schätzt die Lohnsituation dieser Branche als «grundsätzlich unproblematisch» ein.
Die TPK leitete wegen den vier Unternehmen, die deutlich tiefere Löhne bezahlen, ein so genanntes Lohnverständigungsverfahren ein. Die Unternehmen müssen ihre tiefen Löhne erläutern.
Überprüfte Löhne: In jedem fünften Fall zu tief
Die Tripartite Kommission überprüfte im vergangenen Jahr insgesamt 2053 Löhne in Branchen ohne allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge, wie das DVI auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda bekanntgab.
Von diesen Löhnen lagen 466 unter dem sogenannten Toleranzwert. Das bedeutet, dass 22 Prozent der überprüften Löhne zu tief waren.
Im Jahr 2011 waren 3‘106 Löhne unter die Lupe genommen worden. Davon lagen 651 Löhne oder knapp 21 Prozent unter dem Toleranzwert.
Mit dem Toleranzwert wird gemäss DVI jener Lohn bezeichnet, der die Schwelle zur grundsätzlich missbräuchlichen Lohnunterbietung darstellt. Die TPK legt die Toleranzwerte pro Branche für die verschiedenen Ausbildungs- und allenfalls Alterskategorien fest.
In den meisten Fällen orientiert sich die Kommission an bestehenden Lohnempfehlungen oder statistischen Lohndaten. Diese werden um einen Toleranzwert zwischen 5 oder 10 Prozent reduziert.
Keine neuen Mindestlöhne notwendig
Die Kommission informiert grundsätzlich in allen Fällen, bei denen der Toleranzwert unterschritten wird, den betroffenen Arbeitgeber. In vielen dieser Fälle wird zudem ein Verständigungsverfahren geführt.
Die bisherigen Ergebnisse der Lohnerhebungen und Verständigungsverfahren haben bisher zu keiner Situation geführt, welche den Erlass neuer Mindestlöhne durch die zuständigen Aargauer Behörden notwendig gemacht oder gerechtfertigt hätte, wie das DVI festhält.