Autoaufkleber transportieren oft politische, religiöse oder philosophische Botschaften. Grade in Jahren der Präsidentschaftswahlen sind sie sehr populär. In San Francisco bekennen sich Hundebesitzer damit zum entsprechenden politischen Aktionskomitee.
Es ist erstaunlich, dass ein verstorbener Hund soviel Aufsehen erregen kann in einem Präsidentschaftswahlkampf. Kennen Sie die Geschichte? 1983 fahren die Romneys von Boston gen Norden in die Ferien nach Kanada. Eine 12 stündige Fahrt, notabene. Ihr Hund Seamus verbringt die Fahrt in einer Kiste auf dem Dach. Herr und Frau Romney und ihre fünf Kinder sitzen unten im Kombi.
Vor lauter Aufregung bekommt Seamus Durchfall. Romney muss kurzerhand bei einer Tankstelle anhalten und das Auto samt Hund abspritzen. So will es die Überlieferung. Die renommierte New York Times Kolumnisten Gail Collins macht sich einen Spass daraus, jedesmal wenn sie über Mitt Romney schreibt, die Geschichte zu erwähnen. Und der New Yorker widmete vor zwei Wochen diesem Ereignis sogar ihr Titelbild. Allerdings sass darauf Romney am Steuer des Autos und Rick Santorum lag in einer Hundehütte auf dem Dach.
Seit den letzten Stadtpräsidentschaftswahlen Ende 2011 machen auch in San Francisco Hunde Politik. Den Slogan «I have a dog and I vote» und den entsprechenden Bumpersticker (ein Aufkleber, der auf die Stossstange eines Autos gepappt wird) hat sich der San Francisco Dog PAC, also das Politische Aktionskomitee der Hundebesitzer auf die Fahne geschrieben. In einer Stadt, in der bekanntermassen mehr Hunde (150’000) als Kinder (108’000) leben, wundert es wenig, dass die Hündeler ihre Interessen politisch ausspielen. Es herrscht ein offener Kampf um die grösste Naherholungszone der Stadt (Golden Gate Recreation Area) mit den Hundebesitzern. Die einen erwägen eine strengere no-leash policy (Keine-Leine-Richtlinie) die andern wehren sich dagegen. Dennis Herrera, der grösste Herausforderer des wiedergewählten Stadtpräsidenten Ed Lee, hatte während dem Wahlkampf ein 725seitiges Dokument auf seiner Webpage, in der er seine Hundepolitik darlegte. Darin betonte er, dass grade in San Francisco der Begriff «Familie» sehr offen und frei interpretiert wird. Und Hunde seien ein wichtiger und gleichberechtigter Teil davon.
Ich bin keine Hundeliebhaberin. Das üppige Angebot hier in der Stadt an astrologischen Lesungen für Vierbeiner, Akupunktur und Hundemassagen amüsiert mich. Auch ab den Trekkingschuhen für Hunde und den Stierpenissen, die als Delikatesse gelten, muss ich schmunzeln. Die sogenannte «no kill»-Politik, die sich in San Francisco durchgesetzt hat, geht mir jedoch entschieden gegen den Strich: Das Gesetz besagt, dass ein Tier, das sich verhaltensauffällig benommen hat (zum Beispiel ein Pitbull, der eine Person angegriffen hat) in ein Tierheim eingeliefert wird. Wenn das Tier «behandelbar» ist, wird es nicht getötet, sondern «umerzogen» und zur Adoption freigegeben. Tiere werden dadurch zu quasi Bürgern mit Rechten aufgewertet – in einem Land, in dem die Todesstrafe nicht überall abgeschafft ist.
Der Präsident des SF DogPAC meint auf Anfrage, dass sie sich in die Präsidentschaftswahlen 2012 einmischen werden, sei gar keine Frage. Von den Hundebesitzern in San Francisco wird man wieder hören. Auch in diesem Blog.