Vor 20 Jahren veröffentlichten Oasis ihr Debüt «Definitely Maybe» und definierten damit den sogenannten Britpop.
Am 11. April 1994 erschien die Single «Supersonic» dieser neuen verheissungsvollen Band um die zwei Gallagher-Brüder aus Manchester, und es war der perfekte Titel, um ganz England und später auch den Kontinent in einen Taumel zu stürzen. «Supersonic» begann mit schweren, dicken Trommeln und einer gewundenen, knirschenden Gitarrenmelodie, bevor ein höhnischer Gesang verkündet: «I need to be myself, I can’t be no one else.»
Was danach folgte, war minutenlanger euphorisierender Textnonsens mit einem Helikopter, Yellow Submarine und dem Girl Elsa, das Alka-Seltzer snifft. Aber die Kernzeile, die «You can have it all» versichert und kritisch «How much do you want it?» nachfragt, verkündet die Ankunft einer neuen Attitüde auf den Schaumkronen des Pop.
Bevor Oasis kam, glich die Musik des Königreichs einer kreativen Ursuppe, in der sich verschiedenste Subgenres tummelten – Trip Hop und Jungle, Big Beat und psychedelischer Gitarrenrock, zu dem die Vorboten dessen gehörten, was mit Oasis (und Blur und Suede) bald England überrollte: Primal Scream, Inspiral Carpets, Happy Mondays. Mit ihrem Album «Definitely Maybe», das wenige Wochen nach «Supersonic» folgte und sich zum bestverkauften Debüt Englands hochhypen sollte, lieferten Oasis nicht nur einen Sound, der das verwaiste Zentrum füllen sollte, sondern vor allem die einigenden, kraftvollen Hits.
Grosse Songs aus der Gosse
«Supersonic» war das erste rohe Statement aus den Slums der Arbeiterklasse Manchesters, die den scheinbar unmöglichen Traum vom fetten, guten Leben in den britischen Himmel schrie. Mit «Rock ’n‘ Roll Star» und vor allem dem hymnischen «Live Forever» folgten weitere Ausflüsse dieses grossen, immerwährenden Versprechens. «You and I we’re gonna live forever», und über uns nur der Himmel.
Cool Britannia, wofür «Definitely Maybe» den entscheidenden Dammbruch darstellte, schaffte es als massenkulturelle Bewegung aus den Backsteinbunkern von Manchester bis hinauf in die Downing Street von London, und dazu gehörten nicht nur Oasis und Blur, sondern auch die Spice Girls und David Beckham, Guy Ritchie und Damien Hirst, die Young British Artists und die Euro 1996. Nach der Atemnot der Thatcher-Ära bot Cool Britannia den Sprenggürtel einer kreativen Explosion, die wie jedes Massenphänomen kurz darauf von der Kulturindustrie gekapert war und ihrer Abnutzung erlag.
Das Ende nach der Wende
Eine ähnliche Kurve zogen auch Oasis: Nach «What’s The Story (Morning Glory)», das 1995 erschien und den Erfolg des Debüts noch übertraf, war die Dimension der Band um die Jahrtausendwende bereits zurechtgestutzt, bis sie sich vor fünf Jahren auflöste. Mittlerweile findet die Band im Museum statt. England hielt Oasis die ganze Zeit die Treue und hievte jede ihrer Platten an die Chartsspitze. «Definitely Maybe», die Zeitgeistplatte, die zum Monument werden sollte und die dieser Tage als erweiterte Edition (und ohne den Support von Liam Gallagher, neu aufgelegt wird, überstrahlt das spätere Werk der Band bis heute. Live Forever, keine Frage.