Vor dem EU-Sondergipfel geht der Streit um Flüchtlinge weiter

Trotz eines Beschlusses zur Verteilung von 120’000 Flüchtlingen in Europa streitet die EU weiter über den Kurs in der Asylpolitik. Unmittelbar vor dem EU-Sondergipfel am Mittwoch gab es neue Kritik am Mehrheitsbeschluss der Innenminister.

Laut Aussagen von Premierminister Robert Fico wird die Slowakei den Entscheid der EU-Innenminister, 120'000 Flüchtlinge in EU-Ländern zu verteilen, nicht umsetzen. (Archivbild) (Bild: sda)

Trotz eines Beschlusses zur Verteilung von 120’000 Flüchtlingen in Europa streitet die EU weiter über den Kurs in der Asylpolitik. Unmittelbar vor dem EU-Sondergipfel am Mittwoch gab es neue Kritik am Mehrheitsbeschluss der Innenminister.

Die Slowakei kündigte an, gegen den Beschluss vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu ziehen. Regierungschef Robert Fico sagte am Mittwoch, sein Land werde zweigleisig vorgehen.

Zum einen werde vor dem EuGH in Luxemburg geklagt. Zum anderen werde der Beschluss der Innenminister nicht umgesetzt. Gegen die Verteilung von 120’000 Flüchtlingen nach Quoten hatten auch Ungarn, Rumänien und Tschechien votiert.

Tschechischer Präsident hofft auf Revision

Tschechien und Rumänien wollen nicht vor dem EuGH klagen. Tschechiens Ministerpräsident Bohuslav Sobotka betonte in Prag, Europa dürfe bei der Lösung der aktuellen Krise nicht zerfallen. «Ich möchte daher die Spannungen mit Klagen nicht weiter steigern», sagte der Sozialdemokrat.

Der tschechische Präsident Milos Zeman äusserte die Hoffnung, dass der EU-Sondergipfel die Mehrheitsentscheidung revidieren werde. Dieser sollte am Mittwochabend in Brüssel beginnen.

Rumänien bedauerte den Entscheid der Innenminister. «Ich glaube nicht, dass verpflichtende Quoten, die durch Abstimmung festgelegt wurden, das Problem lösen. Diese mathematische Aufteilung lässt sehr wichtige Faktoren unberücksichtigt», sagte Präsident Klaus Iohannis in Bukarest vor dem Abflug zum EU-Gipfeltreffen.

Orban auf Besuch bei der CSU

Ungarns Regierungschef Viktor Orban besuchte auf dem Weg zum EU-Gipfel die Herbstklausur der CSU-Landtagsfraktion im bayerischen Oberfranken. Die CSU ist der bayerische Bündnispartner der deutschen CDU. Einige Dutzend Politiker und Anhänger von SPD, Grünen und Linkspartei demonstrierten am Tagungsort gegen die Einladung an Orban.

Polen, das zunächst ebenfalls gegen die Verteilung der Flüchtlinge opponiert hatte, gab den Widerstand gegen den EU-Plan auf und wird etwa 4500 Flüchtlinge aufnehmen. Europaminister Rafal Trzaskowski sagte, die wichtigsten Bedingungen seien erfüllt.

«Polen wird das Recht haben, Personen abzuweisen, bei denen auch nur der Schatten eines Verdachts besteht, dass sie die Sicherheit des Staates gefährden könnten.» Die Opposition nannte die Zustimmung der Warschauer Regierung zu dem EU-Plan «skandalös».

Verfahren gegen 19 EU-Staaten

Unmittelbar vor dem Sondergipfel kündigte die EU-Kommission am Mittwoch insgesamt 40 Verfahren gegen 19 Mitgliedstaaten wegen Mängeln in der Asylpolitik an. Die Länder hätten die EU-Asylgesetzgebung nicht korrekt umgesetzt, hiess es dazu.

Unter den betroffenen Staaten ist Deutschland. Es wird gerügt, weil es die EU-Richtlinien zu Asylverfahren und zur Aufnahme von Asylbewerbern in der Praxis ungenügend beachtet habe. Darin sind etwa Mindestnormen für die Aufnahme von Asylsuchenden festgelegt.

Neben Deutschland sind auch grosse Staaten wie Frankreich und Spanien betroffen und ebenso Länder mit vielen ankommenden Flüchtlingen wie Griechenland und Ungarn. Die Staaten erhalten ein Mahnschreiben und haben zwei Monate Zeit, darauf zu antworten.

Mehr Geld für Türkei vorgeschlagen

Falls sie nach Ansicht der EU-Kommission die gemeinsamen Asylgesetze dann immer noch nicht ordnungsgemäss umsetzen, droht ihnen eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Dieser kann in letzter Konsequenz Strafen verhängen.

Die Kommission will zudem vorschlagen, die Hilfe für die Türkei zur Aufnahme von Flüchtlingen auf bis zu eine Milliarde Euro aufzustocken. Das teilte der für Nachbarschaftspolitik verantwortliche EU-Kommissar Johannes Hahn im Kurznachrichtendienst Twitter mit.

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