Für die Pensionskassen ist 2015 ein schwieriges Jahr gewesen. Die Risiken seien gestiegen, schreibt die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge in ihrem Jahresbericht.
Das vergangene Jahr müsse als Warnsignal für die kommenden Jahre gedeutet werden, sagte der Präsident der Kommission, Pierre Triponez, am Dienstag bei der Jahresmedienkonferenz in Bern. Dass das Ertragsniveau der Vorjahre gehalten werden könne, sei unwahrscheinlich.
Die Vorsorgeeinrichtungen müssten Massnahmen treffen, um die Risiken zu mindern. Gefordert sei indes auch die Politik. Bei der Reform der Altersvorsorge, die derzeit im Parlament beraten wird, sei den wirtschaftlichen und demographischen Perspektiven «unbedingt Rechnung zu tragen».
Konkrete Empfehlungen wollte Triponez nicht abgeben. Er stellte aber fest, das Parlament habe schon vor Jahren erkannt, dass der Mindestumwandlungssatz gesenkt werden müsse. Das Stimmvolk habe diesen Schritt abgelehnt. Die Situation habe sich seither aber nicht verbessert.
Tiefes Zinsniveau
Gründe für die Verschlechterung sind die niedrigen Anlageerträge, das gesunkene Zinsniveau sowie die gestiegene Lebenserwartung. Die Vorsorgeeinrichtungen erwirtschafteten 2015 eine durchschnittliche Netto-Vermögensrendite von nur 0,8 Prozent. Im Vorjahr hatte die Rendite noch 6,4 Prozent betragen. Gesunken sind auch die Deckungsgrade, durchschnittlich um 2,4 Prozentpunkte.
Viele Vorsorgeeinrichtungen hätten Massnahmen getroffen, sagte Vera Kupper Staub, Vize-Präsidentin der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV). Sie hätten ihren technischen Zinssatz weiter reduziert und damit ihre Verpflichtungen vorsichtiger bewertet. Auch hätten viele die zukünftigen Umwandlungssätze gesenkt. Die Risiken seien trotzdem gestiegen.
Hohe Zinsversprechen
Das grösste Risiko der Vosorgeeinrichtungen sind aus Sicht der Kommission die zu hohen Zinsversprechen in den Umwandlungssätzen. In diesem Punkt tragen aktuell 66 Prozent der Pensionskassen ohne Staatsgarantie hohe bis sehr hohe Risiken. Im Durchschnitt betragen die Zinsversprechen 3,25 Prozent. Im Vorjahr waren es 3,43 Prozent gewesen.
2013 hatten noch 42 Prozent der Pensionskassen ohne Staatsgarantie 3,5 Prozent oder mehr versprochen, per Ende 2015 war das nur bei 29 Prozent der Fall. Auch die Vorsorgeeinrichtungen mit Staatsgarantie haben ihre Zinsversprechen reduziert. Der Anteil mit 3,5 Prozent oder mehr liegt aber immer noch bei 63 Prozent.
Nächste Generation zahlt die Kosten
Jede Vorsorgeeinrichtung muss die Mindestleistungen gemäss Gesetz erbringen. Darüber hinaus werden die Leistungen reglementarisch festgelegt. Beim Leistungsprimat hängt die Höhe vom versicherten Lohn und den Beitragsjahren ab. Beim Beitragsprimat wird die Leistung auf Basis der Beiträge, der Zinsen und der festgelegten Umwandlung bei Pensionierung bestimmt.
Laut der Oberaufsichtskommission sind die Zinsversprechen gemessen an den zu erwartenden Renditen zu hoch. Im Durchschnitt liegen sie um 0,6 Prozentpunkte höher als die für die Bewertung der Verpflichtungen verwendeten technischen Zinssätze. Die Kosten würden damit auf die nächste Generation verschoben, hält die Kommission fest.
Höheres Gesamtrisiko
Neben den Zinsversprechen und dem Deckungsgrad beurteilt die OAK BV auch die Sanierungsfähigkeit der Kassen und das Anlagerisiko. Hier haben die Risiken ebenfalls zugenommen, so dass das Gesamtrisiko deutlich gestiegen ist.
Die berufliche Vorsorge durchlebe eine der schwierigsten Phasen ihrer Geschichte, stellte Kommissionsmitglied André Dubey fest. Es sei absehbar, dass die Tendenz zur Senkung der technischen Zinssätze in den kommenden Jahren anhalte. Je tiefer dieser Zinssatz liegt, umso mehr Kapital benötigt die Vorsorgeeinrichtung, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen.
Richtlinie nicht anerkannt
Die OAK BV hat die Richtlinie zum technischen Zinssatz nicht anerkannt, welche die Schweizerische Kammer der Pensionskassen-Experten zuhanden ihrer Mitglieder erlassen hat. Im heutigen Umfeld könne eine technische Formel für den Risikodialog hinderlich sein, erklärte Dubey.
Es sei legitim darüber nachzudenken, ob nicht von den Vorsorgeeinrichtungen eine Bewertung der Verpflichtungen anhand eines risikolosen Zinssatzes verlangt werden sollte. In einigen europäischen Ländern sei dies der Fall. Eine solche Änderung könnte jedoch nur über die Gesetzgebung erfolgen, nicht über eine willkürliche Formel.
Den Fragebogen der OAK BV ausgefüllt haben rund 93 Prozent der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen. Zusammen haben sie eine Bilanzsumme von 864 Milliarden Franken. Die Konzentration setzte sich fort, inzwischen gibt es weniger als 2000 Vorsorgeeinrichtungen.