Begleitet von vereinzelten Störversuchen der Muslimbrüder hat die zweitägige Präsidentenwahl in Ägypten begonnen. Klarer Favorit ist der frühere Militärchef Abdel Fattah al-Sisi.
Nach Angaben örtlicher Wahlbeobachter kam es am Montag in Kairo, Alexandria und mehreren Provinzstädten zu Protestaktionen der Muslimbruderschaft, die zu einem Boykott des Urnengangs aufgerufen hatte. Die Demonstranten bezeichneten die Wahl als «Theater».
Trotz einem massiven Aufgebot von Sicherheitskräften detonierten vor Wahllokalen in Kairo, Fajum und Al-Mahalla Al-Kubra kleine, selbstgebaute Sprengsätze. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurde niemand verletzt. Damit blieb die Abstimmung friedlicher als frühere Wahlen in Ägypten.
Die Wahlbeteiligung war in den meisten Bezirken eher niedrig. Die Wähler haben allerdings noch bis Dienstagabend Zeit, ihre Stimme abzugeben.
Enthusiastische Al-Sisi-Anhänger
Voller Enthusiasmus stellten sich vor allem Al-Sisis Anhänger vor den Wahllokalen an. Der Feldmarschall hatte im vergangenen Sommer Präsident Mohammed Mursi gestürzt, der aus der Muslimbruderschaft stammt.
Al-Sisi gilt als Favorit. Der 59-Jährige versprach den Wählern einen Aufschwung und will seinen Kampf gegen die Islamisten fortsetzen. Sein einziger Herausforderer ist der Linkspolitiker Hamdien Sabahi.
«Die ganze Welt schaut auf uns, wie die Ägypter Geschichte schreiben und ihre Zukunft aufbauen», sagte al-Sisi am Montag bei der Abgabe seiner Stimme im Kairoer Stadtteil Heliopolis. Dort erwarteten ihn zahlreiche Anhänger und bekundeten ihre Unterstützung.
Seine Landsleute sollten zuversichtlich sein, dass die Zukunft «schön und gross» werde, sagte al-Sisi. Für ihn war es die erste Wahl, denn als Armeeangehöriger hatte er bislang nicht abstimmen dürfen.
150 Wahlbeobachter aus der EU
Unter den Wählern, die sich noch vor Öffnung der Wahllokale in die Warteschlangen einreihten, waren besonders viele Frauen. Leichter als sonst haben es diesmal die Analphabeten. Neben den Namen der Kandidaten wurden erstmals auch Fotos der beiden Bewerber auf die Stimmzettel gedruckt.
Mehr als 53,9 Millionen Ägypter sind wahlberechtigt. Mit ersten Ergebnissen wird für Mittwoch gerechnet. Das offizielle Ergebnis soll am 5. Juni verkündet werden.
Zum Boykott aufgerufen
Mursis Muslimbrüder riefen zum Boykott der Wahl auf, ebenso die Islamistenpartei Starkes Ägypten und mehrere Revolutionsgruppen. Tausende Muslimbrüder und Dutzende Demokratie-Aktivisten wurden seit Sommer 2013 inhaftiert.
In Alexandria löste die Polizei laut Augenzeugen zwei Demonstrationen der Muslimbrüder mit Gewalt auf. In der Oase Fajum und im Kairoer Viertel Kerdesa vertrieb die Polizei Demonstranten, die eine Strasse blockiert hatten.
In Al-Sagasig schoss die Polizei in die Luft, um demonstrierende Mursi-Anhänger zu vertreiben. Das Nachrichtenportal «Al-Ahram» meldete, sieben Studenten seien festgenommen worden.
Ein bekannter Unterstützer von Al-Sisi wurde zudem rund sieben Stunden vor Beginn der Wahl erschossen. Mohammed Fathi gehörte der Jugendbewegung Tamarud an. Die Bewegung hatte am 30. Juni 2013 Massenproteste gegen den damaligen islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi organisiert.