Was der Basler Krimimarkt hergibt

Basler Krimis boomen. Die schlechte Nachricht: An Kommissär Hunkeler kommt niemand ran. Dafür einer in die Nähe. Unsere Auswahl aus aktuellen Basler Krimis. Basler Krimis boomen, die lokalen Buchhandlungen sind voll davon. Doch was taugt diese Buchart, die fast schon inflationär daherkommt? Die schlechte Nachricht: An Kommissär Hunkeler kommt niemand ran. Nur einer wenigstens in […]

Hunkeler, der Basler Kommissär, der auch im TV schon seine Auftritte hatte.

Basler Krimis boomen. Die schlechte Nachricht: An Kommissär Hunkeler kommt niemand ran. Dafür einer in die Nähe. Unsere Auswahl aus aktuellen Basler Krimis.

Basler Krimis boomen, die lokalen Buchhandlungen sind voll davon. Doch was taugt diese Buchart, die fast schon inflationär daherkommt?

Die schlechte Nachricht: An Kommissär Hunkeler kommt niemand ran. Nur einer wenigstens in die Nähe. Und die anderen? Hier eine Auswahl zur Orientierung.

1. Hansjörg Schneider: Kommissär Hunkeler

Acht Bücher rund um Kommissär Peter Hunkeler gibt es, und sie beginnen (fast) immer mit demselben Satz: «Peter Hunkeler, Kommissär des Kriminalkommissariats Basel, gewesener Familienvater, jetzt geschieden, sass fest im Stau auf der Johanniterbrücke.» Oder: «…lag im Solbad des Hotels Marina in Rheinfelden / Schweiz und hatte eine Depression.» Hunkeler ist der Klassiker unter den Basler Krimis. Mehrfach verfilmt, mit Mathias Gnädinger in der Hauptrolle. Dabei hätte der Autor der Bücher eigentlich besser selbst in die Rolle gepasst, so wie Hansjörg Schneider stellt man sich Hunkeler vor. Das kommt nicht von ungefähr, denn Hunkeler ist Schneiders Alter Ego. Wie Schneider stammt Hunkeler eigentlich aus dem Aarau, ist ein Zugezogener, der aber nirgends sonst leben möchte. Auch das Brummelige und Nachdenkliche, das Hunkeler eigen ist, passt zum Schriftsteller. Hunkeler sitzt gerne in Kneipen, ärgert sich über Staatsanwälte (insbesondere jenen namens Suter) und seine Kollegen. Ganz nebenbei erfährt man viel über Basel und seine Umgebung – und vor allem auch über die hiesige Mentalität.
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Bisher erschienen: «Silberkiesel», «Flattermann», «Das Paar im Kahn», «Tod einer Ärztin», «Hunkeler macht Sachen», «Hunkeler und der Fall Livius», «Hunkeler und die goldene Hand», «Hunkeler und die Augen des Ödipus» (alle Diogenes).

2. Anne Gold: Kommissär Ferrari

Die Krimis von Anne Gold kann man gerade in der achten Runde lesen, im Oktober kommt der nächste Band raus. Das Erfolgsrezept heisst Ferrari, womit ein Kommissär gemeint ist, der für sein Leben gerne Tram fährt. An seiner Seite hat er eine Assistentin, die einen Porsche fährt und damit ihren Chef in kalten Schweiss badet, wenn es brennt. Ferrari ist eine Mischung aus brummelig, herzenswarm und cholerisch, während sie in Wahrheit die Hosen anhat. Freilich kann er auch anders und wünscht einem mutmasslichen Täter auch mal den Tod an den Hals statt ein Verfahren. Hinter dem Pseudonym Anne Gold verbergen sich zwei Basler Verleger.
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Bisher erschienen: «Wenn Marionetten einsam sterben», «Die Tränen der Justitia», «Das Schweigen der Tukane», «Das Auge des Sehers», «Helvetias Traum vom Glück», «Und der Basilisk weinte», «Requiem für einen Rockstar», «Spiel mit dem Tod», «Tod auf der Fähre» (alle Reinhardt Verlag).

3. Hans Suter: Kommissär Freuler

Hans Suter ist am Zürichsee aufgewachsen und arbeitet als Schauspieler, Regisseur und Satiriker. «Basler Farben» ist sein erster Roman. Den Toten lässt er im Hafenbecken auftauchen, kurz vor der Grenze, sodass der Fall gerade noch an die Basler Polizei fällt. Der Ermordete war bekannt als Rassist. Bald schwimmt dort ein weiteres Opfer – ein Tamile. Wer hat wen getötet? Und steckt dahinter Fremdenhass? Um den Fall kümmert sich der ruhige Kommissär Freuler, der sich jeweils besonnen fragt, was er als Nächstes tun soll. Dabei raucht er am liebsten Zigaretten und schnippt die Kippen in alle Gewässer Basels, an denen er gerade steht.
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Bisher erschienen: «Basler Farben» (emons Verlag).

4. Michèle Sandrin: Kommissär Santoro

Ein Toter liegt im psychologischen Institut der Uni Basel, in seinem Leib steckt ein Schwert. Ist der Mord am Professor der Abschluss eines Machtkampfes zwischen den Dozenten, die zwar hochgelehrte Psychologen sind, aber ihre Zwischenmenschlichkeit nicht auf die Reihe kriegen? Oder hat die Tat ein feministisches Motiv, weil die Uni allzu patriarchalisch strukturiert ist? Die Autorin, Michèle Sandrin, ist selber studierte Psychologin, kann ein Liedchen singen und hat mit «In Basel ist die Göttin los» ebenfalls ihren ersten Krimi geschrieben.
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Bisher erschienen: «In Basel ist die Göttin los» (emons Verlag).

5. Rolf von Siebenthal: Bollag und Neuenschwander

Der zweite Krimi von Rolf von Siebenthal trägt mit «Höllenfeuer» einen Titel, der fetzt (fetzen soll), und auf dem Titelbild steht ein angemooster Steinengel hinter rostigem Zaun. Puh! Doch das scheint Verlagsarbeit zu sein und hat mit dem Buch nicht viel zu tun. Freilich beginnt es im Liestaler Haus eines Arztes, der gefesselt erwacht, während sich um ihn herum ein Feuer ausbreitet. In dem Fall ermittelt der notorisch fluchende Kommissär Neuenschwander, was zunächst nervt und mit der Zeit charmant wird. Ebenfalls auf Spurensuche ist Max Bollag, der, wie der Autor, Journalist ist.
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Bisher erschienen: «Schachzug», «Höllenfeuer» (alle Gmeiner Verlag).

6. Roger Aeschbacher: Kommissär Baumer

Bewährtes Rezept: Kommissär Baumer ist ein lonely wolf, der zusammen mit Reporter Danner auf die Jagd geht. Etwa auf einen Amokläufer, der am Bahnhof SBB mit einem Samuraischwert unterwegs ist. Es gibt bereits drei Baumer-Krimis.
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Bisher erschienen: «Kommt Schnee», «Schweizer Ware», «In der Hitze der Stadt» (alle Prolibris Verlag).

7. Alfred Bodenheimer: Rabbiner Klein

Der beste neue Krimi aus Basel spielt nicht in Basel, sondern in Zürich. Alfred Bodenheimer ist Basler und hat einen Lehrstuhl für jüdische Studien an der hiesigen Uni, Held seines ersten Romans ist jedoch der Zürcher Rabbi Gabriel Klein. Der kann es nicht lassen, dem Mord an seinem Freund Nachum Berger nachzugehen, obwohl er sich dabei in Entwicklungen verstrickt, die seinen Beruf gefährden. Der Reiz des Buches ist jedoch nicht eigentlich der Krimi, sondern der Einblick in die (jüdische) Gesellschaft. Das hat er allen Basler Krimis seit Hunkeler voraus. Zum Beispiel in dieser Passage: «Gabriel Klein war nun, als Endvierziger, mit dem Amt des Rabbiners regelrecht verschmolzen. Es gab lästige Dinge, gewiss, er konnte sich über vieles aufregen. Doch wenn er sah, was andere Leute bei ihren Arbeitstellen erlebten, wenn er an seine Universitätszeit zurückdachte, dann dankte er Gott, mit dem er in einer komplizierten, insgesamt aber einträchtigen on-and-off-Beziehung lebte.»
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Bisher erschienen: «Kains Opfer» (Hanser Verlag).

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