Stan Wawrinka scheitert im Viertelfinal des US Open auf äusserst unnötige Art 6:3, 5:7, 6:7 (7:9), 7:6: (7:5), 4:6 am Japaner Kei Nishikori.
Am Schluss war es Stan Wawrinka und nicht Kei Nishikori, der zerbrach. Nach viereinviertel Stunden unterlief ihm zunächst ein Doppelfehler, dann schlug er beim zweiten Matchball eine Vorhand ins Netz zum 4:6 im fünften Satz. Dabei hätte er eigentlich der frischere Spieler sein müssen, für den eine lange Partie von Vorteil ist.
Erst um 2.26 Uhr am frühen Dienstagmorgen Lokalzeit hatte der Japaner seinen Achtelfinal gegen Milos Raonic in fünf Sätzen ins Trockene gebracht. Nur gut 36 Stunden nach dem Marathon über 4:19 Stunden musste er gegen Stan Wawrinka bereits wieder auf den Platz – und konnte dies zunächst nicht verbergen. Dem Asiaten fehlten Frische und Spritzigkeit, während Wawrinka rund eine Stunde lang seine beste Leistung am diesjährigen US Open zeigte. Er wehrte im ersten Game einen Breakball mit einem Aufschlagwinner ab und ging wenig später mit einem entschlossenen Vorhand-Return 2:0 in Führung. Im Rest des ersten Satzes geriet der Schweizer nie mehr in Bedrängnis und machte mit einem Ass beim dritten Satzball den guten Start in seinen dritten US-Open-Viertelfinal perfekt.
Ab dem zweiten Satz kam die Weltnummer 11 jedoch immer besser ins Spiel. Wawrinka schien hingegen etwas die Konzentration und Präzision zu verlieren. Beide Spieler erkämpften sich Breakchancen – Nishikori bei 2:1 und 4:3, der Romand bei 3:3 – und nützten sie nicht. Als sich Wawrinka, der im Vorjahr in New York erstmals einen Grand-Slam-Halbfinal erreicht hatte, aber bei 5:6 einem Satzball gegenübersah, schenkte er dem Asiaten den Ausgleich mit einem Doppelfehler praktisch auf dem Präsentierteller. Nach eineinhalb Stunden war der schöne Vorteil wieder dahin.
Der dritte Satz bot dann Herzschlagtennis mit unzähligen Wendungen. Nishikori ging in seinem zweiten Grand-Slam-Viertelfinal nach dem Australian Open 2012 (Niederlage gegen Andy Murray) 5:2 in Führung, Wawrinka wehrte einen Satzball ab und erzwang ein Tiebreak. Dieses hielt noch mehr Drama bereit: 5:3 für Wawrinka, 5:6, 7:6 (Satzball) und dann 7:9. Der 29-jährige Lausanner verlor die letzten vier Punkte mit eigenem Aufschlag allesamt – und nach gut zweieinhalb Stunden auch den dritten Satz.
Nishikori machte aber einen müden Eindruck und liess sich zudem am Fuss behandeln. Eine Zehenoperation hatte ihn zum Verzicht auf die Turniere in Toronto und Cincinnati gezwungen und erst in den Tagen vor dem US Open wieder auf den Platz zurückkehren lassen. Der Japaner brach jedoch nicht ein. Bei 3:2 im vierten Satz verschaffte sich Wawrinka eine Breakchance, konnte sie aber nicht nützen. Ansonsten gewannen beide Spieler ihre Aufschlagspiele ohne Probleme – bis zu einem erneuten Tiebreak. Diesmal behielt der Schweizer die Nerven, glich mit 7:5 aus und erzwang damit einen fünften Satz. Der aber für ihn kein gutes Ende nahm.
Er agierte zu zögerlich, machte den Eindruck, auf die Fehler und den vermeintlich bevorstehenden Einbruch Nishikoris zu warten. Dieser tat ihm den Gefallen aber nicht und raffte sich zu einer Parforce-Leistung auf. Der 24-Jährige, der nun als erster Japaner in der Geschichte des Profitennis (seit 1968) in die Halbfinals eines Grand-Slam-Events einzog, spielte mutiger, riskierte mehr und verdiente sich so den Sieg. Wawrinka hingegen schöpfte sein eigentlich grösseres Potenzial und seine physischen Vorteile nicht aus.
«Ich ärgere mich weniger über das Resultat als über mein Spiel», erklärte Wawrinka nach der Partie. Er sei zu zögerlich gewesen. «Aber das hatte auch damit zu tun, dass Nishikori sehr gut gespielt hat.» Letztlich sei er zu wenig konstant gewesen. «Es gab zu viele Aufs und Abs», konstatierte er enttäuscht.
Die Grand-Slam-Viertelfinals bringen Wawrinka nicht eben viel Glück; im siebten Anlauf scheiterte er zum fünften Mal. Einzig am US Open vor einem Jahr und auf dem Weg zu seinem Triumph am Australian Open im Januar überstand er diese Phase des Turniers.