Steuersünder in Deutschland müssen weiter zittern: Nach rund 200 Hausdurchsuchungen gegen mutmassliche Steuersünder am Vortag sind am Mittwoch erneut Fahnder zu Razzien ausgerückt.
«Heute werden noch vereinzelt Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt, soweit dies gestern nicht möglich war», teilte die federführende Staatsanwaltschaft Koblenz der Nachrichtenagentur dpa mit. Offen liess sie, in welchen Bundesländern die Steuerfahnder erneut ausrückten. Laut Oberstaatsanwalt Hans Peter Gandner werden die Ermittlungen über mehrere Monate andauern.
Auslöser der Razzien waren Daten einer Steuer-CD mit rund 40’000 Datensätzen, die das Bundesland Rheinland-Pfalz für 4,4 Millionen Euro gekauft hatte. Offensichtlich geht es beim bislang wohl wertvollsten Datenträger dieser Art um Geldanlagen von mutmasslichen Steuerbetrügern bei drei Schweizer Banken.
Streit um Kosten des CD-Kaufs
Die Finanzierung der CD sorgt in Deutschland für Streit. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl forderte den Bund und die anderen 15 Länder auf, sich daran zu beteiligen.
«Das ist ein Gebot der innerstaatlichen Solidarität», sagte er im ZDF-«Morgenmagazin». Alle profitierten schliesslich von den erwarteten Einnahmen von insgesamt einer halben Milliarde Euro. «Bei diesem grossen Datensatz müssen wir davon ausgehen, dass Steuerhinterzieher aus allen 16 Bundesländern aufgefunden werden», sagte Kühl.
Die Hälfte der erwarteten Einnahmen gingen an den Bund, die andere Hälfte teilten sich die Länder. Mehrere Bundesländer wie Niedersachsen, Hamburg und Baden-Württemberg sicherten zu, einen Teil der neuen Kosten zu übernehmen.
Finanzministerium will sich nicht beteiligen
Das deutsche Finanzministerium von Wolfgang Schäuble hingegen erklärte, bei einem derartigen Datenankauf handle es sich um Kosten der Steuerfahndung, «die zu den allgemeinen Verwaltungskosten bei der Auftragsverwaltung der Steuern zählen und deshalb generell von den Ländern zu tragen sind». Das Finanzministerium habe sich bisher nur in Einzelfällen an derartigen Kosten beteiligt.
Das Finanzministerium hatte die Entscheidung von Rheinland-Pfalz für einen Ankauf «im vorliegenden Fall» vertretbar genannt. Es bleibe aber die dringende Notwendigkeit, diese Problematik einvernehmlich mit der Schweiz und der EU-Kommission zu lösen. Das Finanzministerium nutze daher Gesprächsmöglichkeiten mit der Schweiz.
Neben den Steuersündern geraten auch Mitarbeiter der Banken ins Visier der Justiz: Die Koblenzer Staatsanwaltschaft hatte am Dienstag mitgeteilt, dass sie wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung Ermittlungen gegen Mitarbeiter zweier Schweizer Banken eingeleitet hat. Dabei handle es sich um die Credit Suisse und deren Tochter, die Neue Aargauer Bank. Wie viele Mitarbeiter betroffen sind, war unklar.