Nachdem sie wegen eines Rechtsstreits verschoben wurde, soll die grosse Gurlitt-Ausstellung im kommenden November zeitgleich im Kunstmuseum Bern und in der Bundeskunsthalle Bonn stattfinden. An den beiden Orten werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt.
Inhaltlich sind die beiden Ausstellungen aber eng aufeinander abgestimmt, wie das Kunstmuseum Bern am Mittwoch mitteilte.
In der Schweizer Hauptstadt wird der Fokus vor allem auf Werken der «Entarteten Kunst» liegen. Auf Kunstwerken also, die nicht dem Kunstideal der Nationalsozialisten entsprachen und von deren Regime aus Museen und Sammlungen entfernt und konfisziert wurden.
Werke aus dem Kreis der Familie Gurlitt werden in Bern einen weiteren Schwerpunkt bilden.
Schicksal der Verfolgten
In der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, kurz Bundeskunsthalle, in Bonn liegt der Fokus auf Werken, die ihren Besitzern aufgrund der Verfolgung durch die Nazis entzogen wurden.
Vor allem aber liegt der Fokus des Bonner Ausstellungsteils auf den Schicksalen der verfolgten Künstler, Kunstsammler und -händler, denen Täterbiografien gegenüber gestellt werden.
Auch Werke, deren Herkunft noch nicht geklärt ist, werden im Bonner Teil der Doppelausstellung zu sehen sein.
Die in einem historischen Gesamtkontext eingebetteten Präsentationen basieren auf dem aktuellen Forschungsstand zum Kunstfund Gurlitt. Sie sollen auch dazu beitragen, weitere Hinweise zur Herkunft von Werken zu finden.
In einer gemeinsamen Publikation wird die Doppelausstellung dokumentiert. Die Ausstellung in Bern wird am 2. November eröffnet, jene in Bonn einen Tag später. Die Schau wird bis im März 2018 zu sehen sein. Danach komm die Bonner Ausstellung nach Bern. Eine weitere Station ist im darauffolgenden Herbst der Martin-Gropius-Bau in Berlin.
Derzeit würden auch Möglichkeiten geprüft, die Ausstellung an weiteren Orten zu zeigen, schreibt das Kunstmuseum in seiner Mitteilung weiter.
Geheimnisumwitterter Fund
Der Fall Gurlitt beschäftigt die Kunstwelt seit einigen Jahren. 2011 entdeckten deutsche Behörden zufällig in einer Wohnung in München und in einem heruntergekommenen Haus in Salzburg rund 1500 Werke der klassischen Moderne, darunter Bilder, die seit Jahren als verschollen galten.
Die Sammlung gehörte einem einzelgängerischen Rentner, namens Cornelius Gurlitt. Der Name liess aufhorchen. Cornelius‘ Vater, Hildebrand Gurlitt war einer der bevorzugten Kunsthändler des Naziregimes. Die millionenschwere Sammlung stand und steht unter Raubkunstverdacht.
Nach dem Tod von Hildebrand Gurlitt hütete sein Sohn die Sammlung in grösster Verschwiegenheit, bis die Deutschen Behörden die Werke 2011 einzogen. 2014 starb Cornelius Gurlitt, ohne seine Sammlung noch einmal wiederbekommen zu haben.
In seinem Testament vermachte er die ebenso illustre wie heikle Sammlung überraschend dem Kunstmuseum Bern. Warum gerade Bern, weiss man bis heute nicht schlüssig. In der Folge entbrannte ein langer Rechtsstreit um das Testament. Eine Cousine Gurlitts stellte die Testierfähigkeit des verschrobenen, alten Mannes in Frage.
Im vergangenen Dezember entschied das Oberlandesgericht München in letzter Instanz zu Gunsten Berns. In den vergangenen Jahren wurde begonnen, die Werke der Sammlung auf ihre Herkunft zu prüfen und Raubkunst den ursprünglichen Besitzern, respektive deren Nachkommen zurückzugeben.
Nach Bern sollen laut Abmachung mit Deutschland nur Werke kommen, die keine Raubkunst sind. Werke der «Entarteten Kunst» fallen nicht in diese Kategorie, da sie, so die gängige Lehrmeinung, von den Nazis aus den eigenen Museen und Sammlungen entfernt wurden. Anders Werke, die das NS-Regime Verfolgen raubte oder abpresste.
Schon 2015 wurde eine grosse Gurlitt-Ausstellung angekündigt. Wegen des sich in die Länge ziehenden Erbstreits vor deutschen Gerichten, wurde sie aber im Frühling 2016 verschoben.
Eine geplante, grosse Gurlitt-Ausstellung wurde wegen des Erbstreits verschoben.