Marcus H. Rosenmüller hat seit seinem Erstlingserfolg »Wer früher stirbt ist länger tot« begeistert. Tiefsinnige Komödie ist sein Fach und wenn er den Papst seiner Vergangenheit in Bayern begegnen lässt, macht uns das erwartungsfroh. »Wer’s glaubt wird selig«.
Marcus H. Rosenmüller hat seit seinem Erstlingserfolg »Wer früher stirbt ist länger tot« begeistert. Tiefsinnige Komödie ist sein Fach und wenn er den Papst seiner Vergangenheit in Bayern begegnen lässt, macht uns das erwartungsfroh. »Wer’s glaubt wird selig«.
Wenn Ihnen der Wind den Hut vom Kopf fegt, ist das für Zuschauer komisch. Für Sie ist das Huteinfangen eine ernsthafte Sache. So ist das mit der Komödie. Was Innenstehende meist ernst bleiben lässt, wirkt auf Aussenstehende komisch. Es ist ein alter Hut – aber die Verabredung, die wir in einer Komödie eingehen, lautet eben: Wir wollen es komisch finden dürfen, wenn Menschen in Not geraten. Deshalb ist Komik seit jeher eine diffizile Angelegenheit. Chaplin, der Weltmeister der Komik der Not, hat seine Gags oft siebzig mal wiederholt, bis sie so aussahen, als ereigneten sie sich – auch für Charlot – überraschend. Margaret Dumont, die Filmpartnerin der Marx-Brothers soll die meisten Witze der Komiker gar nicht verstanden haben – deshalb wirkt sie so überrascht- und komisch. Dario Fo hat die Komik als Waffe eingesetzt: Um Macht blosszustellen, indem er die Wut der Ohnmächtigen in List verwandelte. All diese Spezialisten der Komik sind demselben Gesetz gefolgt: Komik ist, wenn man trotzdem lacht, (und nicht immer wissen muss, warum). Wenn Ihnen der Wind das nächste Mal ankündigt, dass er Ihnen den Hut vom Kopf fegen wird, werden Sie darüber lachen können. Weil der Wind normalerweise nicht spricht. Komisch ist das für uns erst wieder, wenn Sie sich dabei verschlucken.
»Wer’s glaubt wird selig« ist nicht dem feinsinnigen Humor verpflichtet. Der Schnee ist von gestern. Er ist sogar von vorvorgestern. Seit fünf Jahren nämlich fehlt im Skizentrum Hollerbach der Neuschnee. Der Tourismus liegt brach. Das Dorf ist pleite. Kein Wunder also, dass das Restaurant leer ist. Kein Wunder? Genau das ist’s! Ein Wunder könnte den Tourismus wieder zum florieren bringen. Wie kann man nur den Pontifex davon zu überzeugen, dass in Hollerbach noch Wunder geschehen? Warum wird eigentlich die verstobene Daisy nicht Heiliggesprochen?
Die Geschichte ist grandios geknüpft (vom Amerikaner Jeremy Leven). Sie ist leichtfüssig erzählt. Sie hat ihre tiefsinnigen Augenblicke. Sie wird von liebenswerten Figuren getragen. Warum wünscht man sich trotzdem, dass Briten sie gespielt hätten? Oder Franzosen sie inszeniert? Warum sind deutsche Komödianten eher mal lustig, selten aber komisch? Sind die Briten die besseren Komiker? Kommt in einer Monarchie das Erhabene öfter neben dem Banalen vor? Reizt das britische Idiom, das aus drei Sprachen zusammengesetzt ist, zu mehr Sprachwitz? Liegt es daran, dass die Briten Laurence Sterne und Jerome K. lieben? Die Franzosen Molière ihren Klassiker nennen, und die Deutschen Grabbe meist gar nicht kennen und Tucholsky mit einem Linksaussenstürmer verwechseln?
Selbst wenn wunderbare Schauspieler – wie Nikolaus Paryla und Christian Ulmen, der uns schon vielfach erheitert hat (»Elementarteilchen«, »Herr Lehmann«) das kleine Wunder in Hollerbach möglich machen, wirkt der letzte Rest von Goethes Abscheu in uns: »Man merkt die Absicht, und ist verstimmt«. Je feiner einer komisch sein will, desto höher werden unsere Ansprüche. Hulmen spielt seinen Wirt mit der Wuseligkeit von Heinz Erhardt, minus dessen Wortwitz: Fein, verloren, herzhaft. Fahri Yardim hupt vor jedem Witz dreimal. Sie brauchen aber nicht päpstlicher als der Papst zu sein. «Keinohrhasen» hat Ihnen ja vielleicht auch nicht uneingeschränkt gefallen.