Nach zwei Tagen relativer Ruhe sind die Kämpfe um den libyschen Hauptstadtflughafen wieder voll entbrannt. Derweil brennt ein Treibstofflager am Flughafen weiter.
Milizen griffen den Flughafen von Tripolis am Donnerstag mit schweren und leichteren Waffen an und verletzten dabei mehrere Wachleute. Das sagte ein Vertreter der Sicherheitskräfte der Nachrichtenagentur AFP. Ein Geschoss habe ein Haus in der Nähe des Flughafens getroffen und eine Familie getötet, meldete das libysche Nachrichtenportal Al-Wasat. Auch entlang der wichtigen Zugangsstrasse zum Flughafen und im Westen von Tripolis kam es laut Augenzeugen zu Gefechten zwischen rivalisierenden Milizen. Aus dem Stadtzentrum waren Explosionen zu hören.
Die Konfliktparteien wollten mit der Waffenruhe Löscharbeiten an einem durch Raketen in Brand gesetzten Treibstofflager am Flughafen ermöglichen. Das seit Tagen wütende Grossfeuer war auch am Donnerstag noch nicht unter Kontrolle. Wegen der Kämpfe müssen Feuerwehrleute ihre Löscharbeiten immer wieder einstellen.
Keine ausländische Hilfe gegen Flammen
Zwar baten die libysche Behörden wegen des Grossbrands um Hilfe ausländischer Experten. Allerdings verweigerten die angefragten Drittstaaten wegen der anhaltenden Kämpfe die Entsendung eigener Fachleute.
Die brennenden Treibstoffbehälter befinden sich entlang der Strasse zum internationalen Flughafen, die wiederum mitten im Kampfgebiet der rivalisierenden Milizen liegt. Diese liefern sich seit Mitte Juli Gefechte um den Flughafen, der nach der libyschen Revolution im Jahr 2011 in die Hände der sogenannten Sintan-Brigaden gefallen war.
Sie verteidigen den Flughafen nun mithilfe der Wachleute gegen islamistische Kämpfer und die sogenannten Misrata-Brigaden. Nach Einschätzung von Experten geht es bei den Kämpfen um den Flughafen auch um die Kontrolle von Schmugglerrouten, durch die sich die Milizen finanzieren.
Alle Appelle der Regierung, die Kämpfe einzustellen, sind bisher verhallt. Bislang wurden bei den Gefechten zwischen den einstigen Waffenbrüdern im Kampf gegen Libyens langjährigen Machthaber Muammar al-Gaddafi zwischen 100 und 200 Menschen getötet.
Massenevakuierung von Philippinen
Aufgrund der unsicheren Lage bereiteten die Philippinen eine Massenevakuierung vor, um 13’000 Landsleute in Libyen mit Schiffen auf die Mittelmeerinsel Malta zu bringen und von dort in ihre Heimat auszufliegen. Zuvor war ein philippinischer Bauarbeiter in Bengasi enthauptet worden, eine Krankenschwester wurde von mehreren Jugendlichen vergewaltigt.
Griechenland entsandte nach Regierungsangaben eine Fregatte, um rund 200 Menschen unterschiedlicher Nationalität ausser Landes zu bringen. Viele westliche Länder, darunter die USA, Grossbritannien, Deutschland und Frankreich, haben ihr Botschaftspersonal abgezogen.
Am Donnerstag schloss auch die Schweiz ihre Botschaft in Tripolis. Das Schweizer Personal und das für den Schutz der Botschaft zuständige Armeedetachement seien ausgereist, teilte das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mit.
Auch die internationalen Mitarbeiter der EU-Delegation sowie der EU-Grenzschutzmission «Eubam Libya» (EU Border Assistance Mission) verliessen vorübergehend das Land. «Unsere Kollegen haben die Grenze zu Tunesien am Morgen überquert», sagte ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel.
Die Gewalt hat das Alltagsleben in Tripolis praktisch zum Erliegen gebracht. Die Hauptstadt war am Donnerstag quasi menschenleer, die meisten Geschäfte hatten ihre Rollläden unten. Banken und Behörden sind seit Tagen geschlossen, die Vorräte an Strom, Wasser und Treibstoff gehen zur Neige.