Am Sonntagmorgen ist der erste fahrplanmässige Zug durch die Durchmesserlinie unter dem Zürcher Hauptbahnhof gefahren. Die Umstellung verlief problemlos, hiess es bei der SBB. Mit einer Ausnahme: Wegen des Windes füllten sich Tunnel und Teile des Bahnhofs mit Staub.
Pünktlich um 5.21 fuhr die erste S-Bahn vom unterirdischen Bahnhof Löwenstrasse ab Richtung Oerlikon. Mit dabei waren unter anderem SBB-Chef Andreas Meyer, Franz Kagerbauer, Direktor des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV), und Roland Kobel, der Gesamtprojektleiter des 2-Milliarden-Projekts. Den ersten fahrplanmässigen Zug benutzten zudem rund 250 Bahnfans, wie wie SBB-Sprecherin Lea Meyer sagte.
Die Bewährungsprobe steht der Durchmesserlinie (DML) erst noch bevor, wenn am Montagmorgen die grossen Pendlerströme einsetzen. Damit die Bahnreisenden die neuen Ausgänge und die richtigen Tramanschlüsse finden, setzt die SBB rund ein Dutzend Kundenlenker ein.
Vorerst sei ein zweiwöchiger Einsatz geplant, sagte Meyer. «Wir gehen jedoch davon aus, dass sich die Pendler nach einer Woche in der neuen Umgebung zurechtfinden werden.»
Entlüftung macht «Riesenlärm»
Eine erste Herausforderung hatte die SBB bereits am Sonntag zu meistern: Wegen des starken Winds wurde im Weinbergtunnel Staub aus der Bauphase aufgewirbelt, wie Sprecher Reto Schärli zur sda sagte. Dies sei bei neuen Tunnels nichts Aussergewöhnliches, in Zürich sei die Situation jedoch speziell, da am Ende des Tunnels ein Bahnhof liegt.
Die betroffenen Stellen wurden bereits mehrmals mit Saugmaschinen und Wasser geputzt. Zudem ist die Rauchgasentlüftung im Einsatz, die laut Schärli einen «Riesenlärm» macht. Die Züge – am Sonntag sind es kürzere Kompositionen als unter der Woche – halten nun tendenziell im hinteren Teil des Bahnhofs. Trotzdem finden sich die Fahrgäste zum Teil im Staub wieder, wenn sie aussteigen. Ein Sicherheitsproblem ist das Phänomen gemäss Schärli nicht – die Lokführer hätten nach wie vor gute Sicht auf die Signale.
Am späteren Nachmittag war die Sicht dann wieder klar. Bis etwa um 22 Uhr wird die Rauchgasentlüftung einmal pro Stunde während einiger Minute in Betrieb genommen. Am frühen Montagmorgen wird die Lage dann neu beurteilt.
Flügelbahnhof Sihlpost stillgelegt
Der Tiefbahnhof Löwenstrasse dient vorläufig ausschliesslich dem S-Bahn-Verkehr. Mit der Verlegung der S2, S8 und S14 auf die DML profitieren Pendler am linken Zürichseeufer von kürzeren Fahrzeiten. Weil die Züge im Kopfbahnhof nicht mehr gewendet werden müssen, ist etwa die S8 mit einer Fahrzeit von 24 Minuten schneller in Winterthur als die Fernverkehrszüge.
Gegen 200’000 Personen hatten nach Schätzungen der SBB am Samstag am Eröffnungsfest teilgenommen. Rund 10’000 Bahnfans nutzten die Gelegenheit, erstmals durch den Weinbergtunnel zu fahren. Der 4,5 Kilometer lange Tunnel verbindet den Hauptbahnhof mit Zürich-Oerlikon.
Mit dem letzten Zug in der Nacht auf Sonntag wurden die Gleise 51 bis 54 beim Flügelbahnhof Sihlpost stillgelegt. Das 30 Millionen Franken teure Provisorium, das 2002 eröffnet worden war, wird in den nächsten Wochen abgebrochen. Auf dem frei werdenden Areal plant die SBB die letzte Etappe der Überbauung Europaallee.
Derweil gehen in den nächsten Monaten die Bauarbeiten an der DML auf der Westseite weiter. Nach der Fertigstellung der beiden Brücken zwischen Hauptbahnhof und Zürich-Altstetten verkehren ab Ende Dezember 2015 auch die Fernverkehrszüge von Genf/Lausanne nach St. Gallen und umgekehrt über die Durchmesserlinie.