Wochenendlich im Val d’Hérens

Wer sich Pyramiden ansehen will, muss nicht nach Ägypten reisen. Auch im Wallis finden sich welche.

Wer sich Pyramiden ansehen will, muss nicht nach Ägypten reisen. Auch im Wallis finden sich welche.

Wochenlang haben wir genürzt über die kalten Temperaturen. Nun ist es endlich warm geworden, doch die Hitze bereitet uns nur wenig Freude. Sie macht uns lethargisch. Da hilft die Flucht in die Berge, um uns Abkühlung zu verschaffen. Am besten mit einem Gletscher. Hervorragend, wenn die Reise dorthin an einem eindrücklichen Naturphänomen vorbeiführt.

Unterwegs sind wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Von Basel nach Sion sind es keine drei Stunden, von wo aus wir – aus Angst, dem Präsidenten des dortigen Fussballvereins zu begegnen – schnell das Postauto Richtung Les Haudères besteigen. Nach Fahrt mit Panoramablick ins Rhonetal ist das Zwischenziel erreicht: die Erdpyramiden von Euseigne. Entstanden sind sie vor Jahrtausenden: Als sich die Gletscher zurückzogen, wurde das abgelagerte Moränenmaterial der Witterung ausgesetzt. Die zum Teil tonnenschweren Gesteinsbrocken, die der Gletscher mitgeschleppt hatte, bildeten von nun an Schutzkappen, welche die darunterliegende, weichere «Betonmoräne» vor Wind und Wasser schützten. Dank dieses Umstandes ist heute im Val d’Hérens eine der bedeutendsten erdwissenschaftlichen Attraktionen der Alpen zu sehen.

Wuchtige Gipfel und schmelzende Gletscher

Doch eigentlich wollten wir doch zum Gletscher. So geht es mit dem Postauto weiter talaufwärts. Die Fahrt hat einiges zu bieten fürs Auge, ist allerdings recht abenteuerlich (die Strasse scheint zu eng für den Bus). Wir fahren bis Arolla, zu einer echten Endstation – denn die Strasse endet hier. Weiter geht es nur zu Fuss. Wir wandern in Richtung Mont Collon, dem Rest des Arollagletschers entgegen. Zuerst geht es durch einen malerischen Arvenwald, welcher bald in eine Geröllwüste übergeht. Bis vor 100 Jahren lag an dieser Stelle noch die Zunge des Gletschers, seit jener Zeit hat er sich mehr als drei Kilometer zurückgezogen. Obschon es kaum Vegetation gibt, ist die einstündige Wanderung die Reise wert. Wuchtig erheben sich die Gipfel beidseits des Tales auf über 4000 Höhenmeter. Auch der Gletscher beeindruckt aus der Ferne. Schade, wird er eines Tages weggeschmolzen sein.

So werden wir etwas sentimental auf der Rückreise, nutzen noch die Gelegenheit, uns den auf dem Weg liegenden Weiler Les Haudères anzuschauen. Vieles erinnert ans Wallis, wie man es sich in Klischees vorstellt, diese sind hier aber echt. Chalets, Dorfbeizen, Blumenschmuck, Fahnen. Das volle Programm. Beim Einkauf in der Metzgerei und der Käserei kommen zudem leibliche Gelüste nicht zu kurz.

  • Einschlafen (einfach): Arolla-Camping, der höchstgelegene Zeltplatz Europas
    (1970 m), Thermoschlafsack nicht vergessen.
  • Einschlafen (gediegener): Hôtel du Pigne, Arolla; mit einladender Sonnenterrasse.
  • Einkaufen: Laiterie Centrale d’Evolène, Les Haudères, mit regionalen Käse­spezialitäten.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 12.07.13

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