Wochenendlich in Brügge

Biersorten gibt es in Brügge wie Sand am Meer. Aber auch Museen und anderes Sehenswertes.

(Bild: Martin Stohler)

Biersorten gibt es in Brügge wie Sand am Meer. Aber auch Museen und anderes Sehenswertes.

Im ersten Moment scheint die Altstadt von Brügge ein einziges grosses Freilichtmuseum zu sein. Geht man vom Bahnhof in Richtung Zentrum, hat man das Gefühl, in eine andere Zeit einzutauchen: alte Backsteinhäuser, verwinkelte Strassen, Kanäle und Brücken, irgendwo die Töne eines ­Glockenspiels.

Die ehemalige Hafenstadt verdankt ihren Reiz sowohl ihrem ökonomischen Aufstieg wie ihrem Niedergang. Einst liefen hier die Ströme des von den deutschen Hansestädten kontrollierten Ostseehandels, des venezianischen Orienthandels und des Wollhandels mit England zusammen und machten Brügge zu einem der wichtigsten und wohlhabendsten Handelszentren des späten Mittelalters.

Möglich wurde dies dank einer Sturmflut im Jahr 1134, die eine Fahrrinne in die Meeresbucht Zwin riss, womit Brügge ­einen direkten Zugang zum Meer erhielt. Im 16. Jahrhundert versandete die Zwin. Erst 1907 erhielt die Stadt mit dem Anschluss an den Hafen Zeebrügge wieder Zugang zur See. Dies mag ein Grund sein, weshalb Brügge im 19. Jahrhundert kaum an der Industrialisierung Anteil hatte und das Stadtbild weitgehend intakt blieb.

Mehr über die Geschichte von Brügge kann man bei einem Besuch des von 1376 bis 1420 erbauten Stadhuis erfahren. Im Ratssaal mit seinem hölzernen Deckengewölbe fesseln zahlreiche Wandmalereien, die Szenen der Stadtgeschichte darstellen, unseren Blick. Entstanden sind sie allerdings erst im 19. Jahrhundert im Stil der damaligen Historienmalerei, was ihren Reiz aber keineswegs schmälert.

Wer sich für Reliquien interessiert, kommt ganz in der Nähe des Stadhuis in der Heilig-Bloedkapel auf seine Kosten. Die Heiligblutreliquie, die dort verehrt wird, wurde vom flandrischen Grafen Dietrich von Elsass im Jahr 1150 von einem Kreuzzug mitgebracht – wie sie in den Besitz des Grafen kam, entzieht sich meiner Kenntnis. Bauhistorisch ist die Kapelle nicht ­uninteressant: Ihr unterer Teil ist romanisch, während sich am oberen Teil der Übergang von der Spätgotik zur Renaissance erkennen lässt.

Brügge bietet noch eine ganze Reihe von Sehenswürdigkeiten und hat bedeutende Museen. Aber irgendwann müssen wir auch etwas essen und trinken. An Lokalen der unterschiedlichsten Art mangelt es nicht. Massiert findet man sie am Stevinplein oder um den Grote Markt.

Besonders angetan hat es uns das Restaurant des Hotels Central, in dem wir Quartier bezogen hatten. Neben den üblichen Moules und Frites gab es dort auch ein ausgezeichnetes Ragout an einer Biersauce. Natürlich gibt es in Brügge Bier nicht nur in Saucen. Um sich durch die vielen verschiedenen Biersorten durchzuprobieren, braucht man allerdings mehr als ein Wochenende, sofern man einigermas­sen bei Trost ist.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 28.06.13

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