Viele Häuser in der ungarischen Hauptstadt sind am Zerfallen. Dafür lässt es sich darin solide feiern.
In Budapest ist es leicht, über die Stränge zu schlagen. Die Preise sind tief, das Essen ist – wenn man sich Zeit nimmt, etwas zu suchen – hervorragend, die Bars sind zahlreich und die Ungarn feierfreudig. Das Beste jedoch ist, dass die Stadt zusammen mit all diesen Möglichkeiten, sich ein unangenehmes Erwachen zu bescheren, auch das angenehmste Gegenmittel bietet: Im warmen Wasser der vielen Thermalbäder nimmt noch der hartnäckigste Kater Reissaus.
Die Donau trennt die Stadt in zwei Teile (einst waren es zwei Städte). Westlich des Flusses liegt Buda entlang eines Hügels, hier stehen die historische Burg und die meisten Bäder. Es ist allgemein der ruhigere, beschaulichere Stadtteil – wenn man einmal von den Touristen absieht, die gleich busweise die Palastmauern stürmen.
Budapest muss eine prächtige Stadt gewesen sein.
Lebhafter geht es auf der Ostseite der Donau zu und her, in Pest. Hier brummt insbesondere das jüdische Viertel abends von geschäftigen Kellnern und hungrigen Restaurantgästen, in der Nacht dann von den aufgedrehten Stimmen der Feiernden. Viele der halb zerfallenen Stadthäuser sind reich verziert mit Stukkaturen und Ornamenten. Budapest muss eine prächtige Stadt gewesen sein, bevor die Häuser von den Kommunisten verstaatlicht und nach der Wende wieder an die Bewohner verkauft wurden. Nun hat ein Haus mehrere Teil-Besitzer. Die meisten sind nicht in der Lage, die architektonischen Schätze zu restaurieren.
Aber auch Ruinen haben ihren Charme. Wer sich in die Innenhöfe wagt, stösst entweder auf gepflegte Gärtchen, um die sich auf mehreren Stockwerken die Wohnungen reihen. Oder man steht auf einem verwaisten Plätzchen, umgeben von eingestürzten Treppenhäusern, löchrigen Wänden und Türen, die mit Fahrradschlössern gesichert sind. In diesem Ruinen-Look haben findige Clubmanager eine Chance entdeckt. Es gibt ganze Strassenzüge, wo sich in den baufälligen Häusern riesige Partytempel befinden, verwinkelt und voll mit betrunkenen Pauschaltouristen oder Abschlussreisegruppen.
Im «Kisüzem» versammeln sich Literaten, Kreative und solche, die es gerne sein würden.
Spannender sind da die kleineren Bars, das «Kisüzem» etwa. Die «beste und jüdischste Bar in Budapest», wie eine Besucherin sagte, die zu wissen schien, wovon sie sprach. Dort versammeln sich Literaten, Kreative und solche, die gerne etwas davon sein würden (Studenten). Neben der ausgezeichneten Whiskey-Karte zeichnet sich das «Kisüzem» durch die spezielle Atmosphäre aus.
Ein Hauch von Revoluzzertum weht durch den gemauerten und mit Beton-Mobiliar ausgestatteten Raum. Alle diskutieren über die kommenden Wahlen und über die Neonazi-Partei Jobbik. Und wenn draussen die Polizei erscheint, weil ein Gast, der sich längst nicht mehr spürt, mit Glasflaschen nach ihnen geworfen hat, dann strömen alle auf die Strasse, um auf die Beamten einzureden und den Querulanten unauffällig wegzuspedieren.
- Anbeissen: Restaurant Két Szerecsen, Nagymező utca 14, 1065 Budapest. Tolle ungarische Weine, sensationelle Entenbrust mit karamellisierten Äpfeln.
- Versumpfen: Bar Kisüzem, Kis Diófa utca 2, 1077 Budapest. Legendäres Publikum, umfangreiche Whiskey-Karte.
- Eintauchen: Rudas Thermalbad, Döbrentei tér 9, 1013 Budapest. Das türkischste der Budapester Bäder.