Im Windschatten der Hot Spots von Chamonix: Les Houches, eine kleine, feine Domaine mit Familienski-Charakter, einer Weltcup-Abfahrt und einer argentinischen Überraschung.
Wir lassen an dieser Stelle die Hot Spots von Chamonix beiseite. Argentière: im Januar ein Schattenloch. Aiguille du Midi: zu windig, um die Vallée Blanche zu machen. Zu den Vorzügen des Skipasses «Mont-Blanc unlimited» gehört, dass man damit auch in der Schweiz (Verbier, 4 Vallées) und Italien (Courmayeur) Ski fahren kann.
Inbegriffen, ein bisschen im Windschatten der namhaften Destinationen im Tal von Chamonix, liegt die Domaine Les Houches, ein kleines, feines Skigebiet, das sich an den Fuss des grossen weissen Berges anschmiegt. Es ist das, was man im besten Sinne unter Familienskigebiet versteht. 55 Kilometer Pisten, für jeden Anspruch etwas. Die Vormittagssonne holt man auf der Bellevue-Seite ab, nachmittags kann man auf der Südwestflanke die letzten Strahlen geniessen.
Gewisse Unaufgeregtheit
Es geht in Les Houches nur bis auf 1900 Meter hoch auf den Prarion, dafür runter auf der Weltcup-Abfahrt von Chamonix, der Kandahar. Sie ist eine von fünf Strecken, auf denen die legendären Kandahar-Rennen ausgetragen werden. Benannt nach Frederick Sleigh Roberts, einem britischen Feldmarschall des viktorianischen Zeitalters, der vom Afghanistan-Feldzug als Earl of Kandahar zurückkam und als Pionier des alpinen Sports gilt.
Geschenkt, denken Sie? Eben. Les Houches besticht jedenfalls durch eine gewisse Unaufgeregtheit im Vergleich zu den alpinen Rummelplätzen weiter oben im Tal. Dort, wo man am Pistenrand vergeblich nach etwas Hüttenromantik sucht, wie sie in der Schweiz, in Österreich oder in den Dolomiten geboten wird. Mediokre Verpflegung zu satten Preisen – das zu finden ist in den französischen Alpen nicht schwer.
Les Houches bildet da eine rühmliche Ausnahme. Schon der erste Zwischenstopp im «Les Vieilles Luges» macht Appetit, aber für ein Mittagessen ist es noch zu früh. Ein paar saubere Schwünge im Januar-Neuschnee müssen es schon sein. Die Plancerts ist eine der schönsten Abfahrten mit einem gigantischen Blick hinab ins Tal der Arve und hinüber nach Passy.
«Téléski difficile»
Es wird nicht ganz zu Unrecht gewarnt vor einem «Téléski difficile»: Der Start zurück den Hügel hinauf ist katapultartig. Man kann dieses kleine Wagnis immerhin gut gestärkt in Angriff nehmen. Wer dem unscheinbaren Hinweisschild zur «La Tanière» folgt, wer sich nicht irritieren lässt durch eine kurze Waldabfahrt, der wird mit einem romantischen Kleinod belohnt.
Auf knapp 1400 Metern bewirtschaftet Louisa Tuaz ihre Hütte und wird in diesem Winter von einem jungen Ehepaar aus Buenos Aires unterstützt, das sein Zehnjähriges mit einer Europatour feiert und den Winter in den Savoyer Bergen verbringt. Camila ist ein Engel von Bedienung, Gonzalo bringt wahlweise eine Omelette oder ein Steak auf den Tisch, das mit einer die Sinne betäubenden Chimichurri-Sauce serviert wird. Hinterher ein Zwetschgen-Crumble und ein Bier (Mont Blanc!) zum Ablöschen. Danach ist man auch dem Tellerlift gewachsen.
- Abfahren: 410 Kilometer Pisten mit 53’000 Höhenmetern – das bietet der Skipass Mont-Blanc unlimited (2 Tage: 137 Franken). Les Houches allein gibt sich mit 55 Kilometern Piste klein, aber fein (2-Tages-Skipass: 90 Franken).
- Ausruhen: Das Tal von Chamonix bietet alles im Beherbergungssegment. Charmant, hell und in Skischuh-Distanz zur Talstation von Les Houches: das Hotel Slalom (ab 156 Franken Zimmer/Nacht).
- Anbeissen: Wer das «La Tanière» in Les Houches auslässt, ist selbst schuld. Ansonsten: eine kleine Auswahl.
- Anschauen: Chamonix mondän – der Rue Joseph Vallot folgen, dann vorsichtig in die Rue du Docteur Paccard einbiegen und nicht gleich im ersten Skiklamottenshop alles ausgeben.
- Austoben: Dafür dann schon unbedingt nach Chamonix, zum Beispiel ins Chambre Neuf im Après-Ski-Bermuda-Dreieck am Bahnhof.