Wochenendlich in Fiesch

Spektakuläres Alpenpanorama und Pulver ohne Ende: Allein dafür lohnt sich die Reise ins Wallis.

Nicht so malerisch wie das Obergoms, aber immer noch hübsch: Fiesch. (Bild: Dani Winter)

Spektakuläres Alpenpanorama und Pulver ohne Ende: Allein dafür lohnt sich die Reise ins Wallis.

Das Goms gehört zu den schönsten Wintersportregionen der Schweiz. Nur sieht man davon nichts, wenn man zum Skifahren oder Snowboarden kommt. Dann muss man spätestens in Fiesch die Matterhorn-Gotthard-Bahn verlassen, um auf die Piste zu kommen. Aber wer zu spät aus den Federn gekrochen ist, um noch am Anreisetag aufs Brett zu steigen, sollte auf jeden Fall ­einen Abstecher weiter nach hinten ins Tal machen. Je weiter man Richtung Andermatt kommt, umso malerischer das Obergoms.

Uns reichts leider nur bis Niederwald. Aber schon dort ist alles wie verwandelt. Die Schulkinder, die mit der Bahn nach Hause kommen, scheinen tatsächlich in diesen urchigen Blockhäusern zu wohnen, aus denen – neben den auf Steinscheiben stehenden Spychern – das ganze Dorf besteht. In Niederwald wurde übrigens der König der Hoteliers, Cäsar Ritz, geboren. Der Wirt in der Beiz, an deren Eingang ein Schild mit Ritz-Logo prangt, scheint durchaus ein Steak braten zu können. Uns muss ein Gläschen Muscat genügen, denn in Fiesch ist jetzt unser Zimmer bezugsbereit.

Im Bed & Breakfast Baumhaus ist ­jedes Zimmer aus einem anderen Holz geschnitzt. Wir kriegen die Fichte. Das ökologisch gebaute und nachhaltig betriebene Haus ist schlicht und sauber, die Leute sind nett, das Zmorge mit lokalen Bio-Produkten fein und obendrein ist das alles absolut zahlbar. Das Haus liegt nur fünf Gehminuten von der Talstation entfernt. Das Brett bringt man am Abend im Dorf in den Service und bekommt es am nächsten Morgen auf dem Berg zurück. Der erstklassig durchgeführte Service kostet 60 Franken.

Kommen wir endlich zur Sache, derentwegen wir eigentlich hergekommen sind: zum Boarden. Das geht auf den frisch gepuderten Pisten wie durch Butter. Wenn man von der Fiescher- zur Bettmeralp fährt, hat man am Horizont das Matterhorn (oder, wie es der Eingeborene nennt: «Horu») vor Augen. Und, wenn man an der richtigen Stelle hält, den Aletschgletscher zu Füssen. Der ist übrigens vom Fiescherhorn aus am schönsten. Die schwarze Piste dort sollte aber nur in Angriff nehmen, wer enge Wege fahren kann – und schwindelfrei ist.

Der Publikumsandrang hält sich angenehm in Grenzen. Die Deutschen haben halt kein Geld mehr. Man sieht fast mehr Holländer und Skandinavier. Selbst als am Samstag das Ticket für die gesamte Aletsch­arena (Rieder-, Bettmer- und Fiescheralp) für 20 Franken verramscht wird, stehen wir keine fünf Minuten an.

Als wir uns vor eisigen Morgenböen ins Berghaus Kühboden verziehen, stellen wir fest, dass das Interieur in den letzten zehn Jahren modernisiert wurde. Der «Cappuccino» kommt aber immer noch in einem abartigen Mucheli und schmeckt auch gleich wie früher. Fakt ist: Wegen lukullischer Erlebnisse muss man nicht nach Fiesch reisen. Die einzige Beiz im Dorf mit einem Ritz-Schild ist die Walliser Kanne beim Bahnhof. Und die hat offenbar kürzlich dichtgemacht. Die Leute schlafen heute eben grösstenteils in den Feriendörfern und Hotels oben bei den Pisten. Dafür verpassen sie den gemütlichen Apérol Sprizz unter Einheimischen in der «Talstation».

Als wir aus Fiesch abreisen, wird uns ein weiterer Vorteil gewahr: Weil wir vor den Gästen aus Betten und Rieden einsteigen, haben wir deutlich mehr Platz im Zug.

  • Abfahren: Die Tageskarte für die Aletscharena kostet 53 Franken.
  • Abhängen: In der «Talstation» kostet der Apérol Sprizz lumpige 6 Franken.
  • Abschnarchen: Im B&B Baumhaus kostet ein DZ 140 Franken.
  • Abtanzen: Im «Inch» bei der Talstation gibt es an den Wochenenden Livemusik.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 27.01.12

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