Wochenendlich in Florenz

Ein Wochenendspaziergang in Florenz und die Seele ist wieder aufgetankt.

Ein Wochenendspaziergang in Florenz und die Seele ist wieder aufgetankt.

Wochenendlich in Florenz? Das klingt übertrieben. Die Flugverbindungen sind selten oder kompliziert. Wer sich tagsüber in den Zug setzt und hin und retour durch den Gotthard fährt, kriegt vom Wochen­ende wenig mit. Daher fahren wir über Frankreich und nehmen von Dijon den Nachtzug. Ein schäbiges Ding und nicht gerade billig. Aber um 7.15 Uhr am Hauptbahnhof aus dem Zug steigen und mit leichtem Gepäck ins Morgenlicht der florentinischen Altstadt flanieren, das entschädigt uns reichlich.

«Auch ich in Arcadien», setzt Goethe als Motto über seine «Italienische Reise» und nennt das Kind beim Namen: Er war schon 1786 kein Pionier. Bis heute gibt es nichts Bekannteres als Italiens Reize. Doch dann ist man da und es wirft einen wieder um. Man nenne es die vollendete Nachlässigkeit oder sonstwie – die Seele wird von etwas Wich­tigem angerührt.

Damit ist man in Florenz freilich nicht alleine. Der Tourismus zwischen Dom und Ponte Vecchio ist derart aus den Fugen ge­raten, dass man ausser Dienstleistenden keinen einzigen Florentiner mehr antrifft. Doch diesem Epizentrum (das man trotzdem immer wieder durchstreift) kann man recht gut ausweichen.

Von Piazza zu Piazza

Wir beziehen nicht weit vom Dom Quartier. Das angenehme Hotel Dali besteht nur aus einigen Zimmern im vierten Stock, der Preis ist fair, der Wirt entzückend und vom Fenster aus sieht man den Dom.

Von hier gehts nach Osten, wo die Florentiner wieder das Strassenbild bestimmen. Wir stossen auf die kleine Piazza dei Ciompi mit ihrem freistehenden Arkadenbogen und der Handvoll Pinien, unter ­denen Trödler mit Antiquitäten handeln. Richtung Südwest, vorbei an der gross­zügigen Piazza Santa Croce (grosszügig ist überhaupt ein wichtiges Wort für die Stadt), wechseln wir ans andere Ufer des Arno. Hier liegt, hinter einer massigen Stadtmauer, ein stilles und intimes Quartier, wie ein Städtchen vor der Stadt. Einen Hügel hinauf geht es zum ­Piazzale Michelangelo, von wo man einen tollen Ausblick hat.

Ein Platz voller Bars

Hiermit ist der Boden für Wein und ­Antipasti auch schon bereitet und wir kehren ein. Gleich bei der Stadtmauer, auf der Terrasse der Enoteca Fuori Porta, sitzen auch Einheimische und das Essen schmeckt ausgezeichnet.

Abends dann gehen wir am selben Ufer Richtung Westen zur Piazza San Spirito. Hier befinden sich die Bars, in denen sich die Florentiner treffen: Studenten, Mitt­dreissiger, Besucher, alles mögliche. Aus verläss­licher Quelle wissen wir, dass sich der Platz im Laufe der Nacht immer mehr füllen werde. Nach unserer Dorade, die ein Italiener in Florenz natürlich verschmähen würde, sind wir allerdings platt.

Wer anderntags noch Zeit hat, kann zu Michelangelo in die Museen wallfahren ­und sich davon an der Piazza della Re­pubblica erholen. Ein Stopp im Art-Déco-Schuppen Gilli ist hier Pflicht. Die Tasse Kaffee gibt es für sechs Euro, Ehrensache, und Ladies in Leopardenkluft führen ihre Kleinhunde aus und umgekehrt. Grosses Kino. Der Italientank ist nun wieder drei viertel voll. Immerhin genug, um tapfer in den Zug zu steigen.

  • Ankommen: Im Hotel Dali und mit dem Wirt schwatzen.
  • Anschaffen: Lederwaren! Relativ günstig und Markenzeichen der Stadt.
  • Anbeissen: Im Vorstadtidyll der Enoteca Fuori Porta.
  • Anzapfen: In den Bars Rund um San Spirito.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 17.05.13

Nächster Artikel